Ein historischer Entscheid im doppelten Sinne ist am Donnerstag im Ständerat gefallen: Mit dem Stichentscheid von Ständerats-Präsident Thomas Hefti hat die kleine Kammer die Genschere CRISPR/Cas von der Verlängerung des Gentech-Moratoriums bis Ende 2025 ausgenommen. Vorher hatte es im Ständerat mit 21 zu 21 Stimmen bei 2 Enthaltungen ein Patt gegeben.
Bereits in der Wissenschaftskommission des Ständerats WBK-S war der Entscheid nur mit Stichentscheid von Kommissions-Präsident Hannes Germann (SVP/SH) zustande gekommen.
Das Bundesgesetz über die Gentechnik in der Landwirtschaft hat der Ständerat danach mit 42 zu 1 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen.
Was ist CRISPR/Cas?
CRISPR: englisch für Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats (gruppierte kurze palindromische Wiederholungen mit regelmässigen Abständen)
Cas: englisch für CRISPR-associated (CRISPR-assoziiertes Protein).
Mit der molekularbiologischen Technik CRISP/Cas werden DNA-Bausteine (Nukleinbasen) einer Pflanze mit einem Schnitt chirurgisch genau aktiviert, entfernt oder deaktiviert.
Solche Veränderungen der DNA geschehen natürlicherweise in jedem Lebewesen. Diesen Effekt nutzen auch die konventionelle Züchtung und die Mutagenese. Nur dauert es dort Jahre oder gar Jahrzehnte.
Mit der Genschere CRISPR/Cas könnten robuste und leistungsfähige Sorten für eine ressourcenschonende Lebensmittel-Produktion gezüchtet werden. Zum Beispiel Kreuzungen von Wild- und Kulturäpfeln zu einer feuerbrandresistenten neuen Apfelsorte.
Die Schweizer «Hyper-Igelmentalität» gegen die Genschere Crispr/Cas beenden
Es dürfe nicht sein, dass eine mit dem Nobelpreis gewürdigte Technik wie die Genschere CRISPR/Cas mit einem Verbot belegt werde, erklärte Ständerat Hannes Germann (SVP/SH). Diese «Hyper-Igelmentalität» stehe quer in der Landschaft. Auch Ruedi Noser (FDP/ZH) warb für die Ausnahme, «die ein wichtiges Signal an den Forschungsstandort Schweiz wäre, dass das hier die letzte generelle Verlängerung des Moratoriums ist.»
Dagegen hielt Umweltministerin Simonetta Sommaruga (SP), die erklärte, dass sich die Rahmenbedingungen seit der letzten Verlängerung des Moratoriums vor vier Jahren nicht verändert hätten. Die rasche Entwicklung im Bereich Gentechnik spreche für eine erneute Verlängerung. Unbeabsichtigte Folgen und Risiken der Methoden seien noch zu wenig bekannt.
Ungeklärt sei weiterhin die Koexistenz mit nicht gentechnisch veränderten Pflanzen in der kleinteiligen schweizerischen Landwirtschaft, warnte Sommaruga. Zudem würden mit der Ausnahme auch gentechnisch veränderte Bakterien, Viren und Insekten nicht mehr unter das Gentechnikgesetz fallen.
Was passiert jetzt mit dem Gentech-Moratorium?
Das Geschäft geht nun zurück an den Nationalrat, der der Verlängerung des Gentech-Moratoriums bis Ende 2025 im September ohne Ausnahmen sehr deutlich zugestimmt hatte. Dass auch die grosse Kammer auf die Ausnahme der Genom-Editierung umschwenkt, scheint angesichts des klaren Verdikts beim ersten Mal fraglich.
Generell wird das Gentech-Moratorium in der Landwirtschaft bereits zum vierten Mal verlängert. Das Moratorium besteht seit 2005 nach dem Ja zu einer Volksinitiative. Gentechnisch veränderte Organismen dürfen in der Schweiz deshalb im Moment nur zu Forschungszwecken angebaut werden.