Kurz & bündig

  • Auf den Gemüsefeldern der Betteravia Farms in Kalifornien stehen zahlreiche Roboter in unterschiedlichen Funktionen im Einsatz.
  • Ein Ingenieur testet neue Geräte laufend praxisnah auf ihre Tauglichkeit.
  • Die Automatisierung ist die Antwort auf den Arbeitskräftemangel und steigende Löhne.
  • Vollständig autonome Roboter befinden sich immer noch in der Testphase.

Die Zeit drängt für die kalifornischen Gemüseproduzenten. Ab 2022 sollen die minimalen Stundenlöhne für ihre grösstenteils aus Mexiko stammenden Erntearbeiter von heute 12.50 auf mindestens 15 Dollar angehoben werden.

Dazu kommt, dass der Staat die täglich erlaubte Arbeitszeit von 9,5 auf 8 Stunden senken will. Überstunden kosten dann über 22 Dollar. Dazu kommen für die Saisonarbeiter Kost und Logis, die ebenfalls vom Arbeitgeber übernommen werden müssen.

Doch unabhängig vom Lohn werde es für die Branche immer schwieriger, überhaupt noch Arbeitskräfte zu finden, sagt Alain Pincot von den Betteravia Farms in Santa Maria, 200 km nördlich von Los Angeles. Dort und auf dem zweiten Betrieb in Arizona werden jährlich total 5300 Hektaren mit Gemüse kultiviert.

Dafür beschäftigt das Unternehmen auf den Feldern und in den anderen Anlagen alleine in Santa Maria während der Hauptsaison über 1000 Mitarbeiter.

Gegen den Personalmangel und die steigenden Lohnkosten setzen die Betteravia Farms schon seit ein paar Jahren auf mehr Effizienz und Automatisierung beim Jäten, Säen, Pflanzen und Ernten. Betteravia Farms gilt diesbezüglich in Kalifornien als Vorzeigebetrieb.

Eine zentrale Rolle spielen dabei Roboter. Diese in der Praxis einzuführen, gehört zum Jobprofil des 27-jährigen Ingenieurs Dylan Bognuda. Seit zwei Jahren ist er bei Betteravia Farms angestellt und testete seither verschiedene Robotertypen auf ihre Praxistauglichkeit auf dem Feld.

Um möglichst praxisrelevante Erkenntnisse zu erzielen, werden die Geräte direkt in der Produktion bei verschiedenen Kulturen und auf unterschiedlichen Bodentypen eingesetzt.

Auf dem Tablet sammelt Dylan Tausende von Daten wie Arbeitsstunden, Tempo, Hackgenauigkeit, exaktes Spritzen und letztlich auch Erntemengen. Die Zahlen dienen am Schluss als Entscheidungsgrundlage dafür, ob ein Gerät für den Betrieb in Frage kommt.

Im Salatfeld in Kalifornien arbeitet ein Ausdünnungs-Roboter

Die «Roboter-Safari» mit Dylan Bognuda über die Gemüseparzellen der Betteravia Farms dauert zwei Stunden. Vorbei an Brokkoli-, Artischocken- und Salatfeldern, wo hunderte von Arbeiterinnen und Arbeiter entweder gebückt in den Feldern jäten oder an langen Erntebändern stehen.

Die erste Station ist beim Ausdünnungs-Roboter der Firma Mantis aus Salinas, von der er besonders angetan ist. Denn Betteravia Farms sät den grössten Teil der Salate aus, nur zehn Prozent werden als Jungpflanzen gesetzt.

Der hinter dem Traktor angebrachte Roboter ist mit zwei hintereinander angelegten Spritzdüsen ausgerüstet und kann gleichzeitig drei Beete à fünf Reihen mit Pflanzen bearbeiten. Multispektral-Kameras erkennen die gekeimten Pflanzen, liefern die Daten an einen Computer, der bestimmt, welche Pflänzchen zwecks Ausdünnung direkt mit einer Düngermischung besprüht werden sollen, um diese so durch das «Abbrennen» zum Absterben zu bringen.

«Der überlebenden Jungpflanze dient der Dünger als Nährstoff», erklärt Bognuda. Das sei eine klassische Win-Win-Situation. Im gleichen Arbeitsgang wird aus einem zweiten Tank mit den anderen Düsen ein Fungizid auf die auserwählte Pflanze gesprüht.

Mit dem Gerät könnten 20 Arbeitskräfte und dank der Präzision die Hälfte an Fungiziden eingespart werden, erklärt Dylan Bognuda.

Die Unkrautbehandlung steht im Zentrum der Roboter-Einsätze

Auf den Betteravia Farms wachsen auf 800 Hektaren biologische Kulturen; Tendenz deutlich steigend. Aber nicht nur deshalb legt Dylan Bognuda ein besonderes Augenmerk auf die Automatisierung bei der Unkrautbehandlung. «Wegen der angespannten Personalsituation setzen wir auch im konventionellen Anbau auf Unkrautroboter», sagt sein Chef Alain Pincot.

Die Fahrt zum nächsten Roboter führt an einem älteren Modell des vor dem Hackroboter angebrachten Robocrops von Garford vorbei, das gerade ein Salatfeld jätet.

Betteravia Farms war vor über zehn Jahren die erste Firma in den USA, die sich einen Robocrop anschaffte. Auf einer Nachbarparzelle ist die neuste Generation des Robocrops unterwegs, er ist ausgeliehen.

Im Unterschied zur früheren Version werden die Jätscheiben hier nicht mehr hydraulisch, sondern elektrisch angetrieben. Digitale Kameras ermitteln die genaue Position der Pflanzen, Jätscheiben rotieren einzeln um die Pflanze herum und jäten so auch ziemlich zuverlässig zwischen den Pflanzen.

Dylan Bognuda bückt sich, betrachtet das Hack-Ergebnis und stellt fest: «Die Jätscheiben führen zu wenig nah an die Pflanze heran.»

Mit dem Handy meldet er sich beim Traktorfahrer und bittet ihn anzuhalten, damit er ihm gleich vor Ort erklären kann, wie er das Gerät genauer einstellen kann. Die Schulung des Personals auf den Präzisionsgeräten gehört zu den Kernaufgaben von Dylan Bognuda. Das brauche jeweils seine Zeit.

Die Spezialisten erhalten einen höheren Lohn. Damit sollen die Leute in der angespannten Arbeitsmarktsituation auf dem Betrieb gehalten werden, sagt Dylan Bognuda.

Die Leistungen des Robocrop der neusten Generation überzeugen ihn. Das Gerät hat wohl gute Chancen, nächstens in die Roboter-Flotte aufgenommen zu werden. Ob in ein- oder dreireihiger Version ist noch offen: Die grössere Version kostet – ohne Traktor – 350'000 Dollar.

Hackroboter von Steketee künftig für Präzisionsdüngung

Nicht im Einsatz steht an diesem Tag der dreireihige, Kamera-geführte Hackroboter von Steketee, der vor allem in gepflanzten Kulturen eingesetzt wird. Dylan Bognuda wartet zurzeit auf eine neuere Version, die mit der kamerageführten Software zur präzisen Düngerspritzfunktion ausgerüstet ist.

Die letzte Live-Vorführung des Tages gehört dem Robovator von K.U.L.T. Wie der neuste Robocrop ist er hinten am Traktor angehängt, mit Kameras ausgestattet und hackt ebenfalls zwischen den Pflanzen.

Der Traktor fährt dabei selbst, der Fahrer überwacht die Präzision und die Geschwindigkeit des Geräts hinter dem Traktor nachschreitend über sein Tablet.

«Wir haben den Robovator gemeinsam mit dem Robocrop getestet, um Qualitätsunterschiede und Geschwindigkeit zu vergleichen», sagt Dylan Bognuda. In der Analyse würden dann Maschinenstruktur, die Handhabung der Konfiguration sowie andere Faktoren in Betracht gezogen, so Bognuda.

Autonome Roboter sind noch nicht konkurrenzfähig

Auch autonome Feldroboter sind auf den Betteravia Farms versuchsweise unterwegs. In der Praxis stehen sie sonst bekanntlich noch kaum im Einsatz.

Dylan Bognuda testete Dino von der französischen Firma Naïo. Dieser habe zwar den Reihen entlang gut funktioniert, sagt er. Doch sein grosses Manko bleibt, dass er bisher nicht zwischen Pflanzen hacken kann.

Das soll sich nun aber ändern: «Die Firma hat noch diesen Monat ein Update für Dino angekündigt.» Er erwartet das Gerät in den nächsten Wochen zurück auf seinen Feldern.

Betteravia Farms arbeitet zudem mit dem einheimischen Start-up Farmwise, das einen mit Diesel betriebenen, autonomen Hackroboter entwickelt.

Das Gerät befindet sich zurzeit gerade für ein Update in San Francisco. Doch der Blick auf ein von ihm bearbeiteten biologischen Blumenkohl-Feld zeigt, dass er in der Praxis bereits gut funktioniert.

«Wir helfen dem Start-up, das Gerät zur Endreife zu bringen», erklärt Pincot. Davon sei man aber noch ein Stück weit entfernt.

Im Gegensatz zum Dino von Naïo kann das Gerät bereits zwischen den Pflanzen hacken. Trotzdem scheinen die autonomen Hackgeräte noch nicht zuoberst auf der Prioritätenliste zu stehen: «Letztlich kann man mit den Traktor-geführten grösseren Geräten wie Robocrop immer noch mehr Leute einsparen als beispielsweise mit einem Dino», sagt Alain Pincot. Und das sei am Schluss der entscheidende Punkt.

 

Betteravia Farms

Der Name «Betteravia Farms» kommt vom französischen «Betterave sucrière» (Zuckerrübe).

Auf den zwei Standorten Santa Maria (Kalifornien) und Yuma (Arizona) werden 3600 resp. 1700 ha Gemüse unter der Marke Bonikpak angebaut.

Die Farm beschäftigt 1300 Mitarbeiter während der Hauptsaison. Hauptkulturen sind Blumenkohl, Sellerie, Kopfsalat (Romain Lettuce), Eisberg und Stangensellerie. Weitere Kulturen sind Artischocken, Chinakohl, Rosenkohl, Brokkoli, Spinat, diverse Salate und Rotkohl. 10 bis 15 Prozent der Flächen werden biologisch bewirtschaftet.

 

 

 

Gemüseanbau in Kalifornien

In Kalifornien wird 57 Prozent des amerikanischen Gemüses produziert. 39 Prozent aller Gemüse-Anbau-flächen der USA – oder 405 000 ha –liegen im drittgrössten Bundesstaat.

2018 wurde Gemüse im Wert von 7,5 Milliarden Dollar produziert. Salat ist wertmässig das wichtigste Gemüse gefolgt von Tomaten.

Quelle: California Agricultural Statistics