Bio Suisse, der Dachverband der biologischen Landwirtschaft in der Schweiz, schreibt im Geschäftsjahr 2022 eine dunkelrote Null und blickt auch 2023 einem schwierigen Jahr entgegen. Hauptgrund dafür ist der verzögerte Markteintritt von Migros mit Bio-Suisse-Produkten: Der Detailhändler hatte sich im Mai 2022 dem Verband mit der Bio-Knospe angeschlossen. Während Bio Suisse für die Lizenzierung der Produkte schon einen grossen Aufwand leistet, kommen von Migros aber noch keine Lizenz-Einnahmen rein.
Das von Bio Suisse-Geschäftsführer Balz Strasser präsentierte Budget 2023 sieht eine schwarze Null vor. Bei 25 Millionen Franken Aufwand und Ertrag ist ein eher symbolischer Gewinn von 6760 Franken budgetiert, der nur mit rigorosen Sparmassnahmen erreicht werden kann. Das Budget wurde von den 94 Delegierten an der DV in Olten mit grosser Mehrheit angenommen – allerdings bei 12 Gegenstimmen und 5 Enthaltungen.
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Bio Suisse muss 2023 Reserven auflösen und bei der Fernsehwerbung und Online-Kampagnen sparen
Auf der Einnahmenseite werden bei den Lizenz-Einnahmen 2023 statt mit 15,8 Millionen Franken nur mit 13 Millionen budgetiert. Auf der Ausgabenseite müssen 1,5 Millionen Franken eingespart werden – vor allem für die Fernsehwerbung und Online-Kampagnen. Das komme zu einem denkbar ungünstigen Moment, denn «eigentlich sollte Bio Suisse gerade im aktuell schwierigen Markt mehr Werbung schalten», erklärte Balz Strasser.
Mit 80 MitarbeiterInnen ist die Bio-Suisse-Geschäftsstelle in Basel gut ausgestattet. Strasser sagte sogar, «dass uns die Sparübung auf der Geschäftsstelle gut getan hat, Bio Suisse hatte da schon etwas Speck angesetzt». Die Personalkosten können gemäss Balz Strasser aber nicht weiter reduziert werden, weil die Umstellung der Migros auf die Bio-Suisse-Produkte einen grossen personellen Aufwand erfordere.
Aus diesen Gründen muss Bio Suisse 2022 Reserven in der Höhe von 2,6 Millionen Franken auflösen. Auch 2023 müssen Reserven aufgelöst werden, wenn auch «nur» 830’000 Franken. Bis Ende 2023 werden die Reserven von über 4 Millionen Franken auf nur noch 922’000 Franken schmelzen, was zum Problem werden könnte. Bio-Suisse-Finanzchefin Monika Rytz erklärte, dass mit der Revisionsstelle BDO nach Lösungen gesucht werde.
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Wegen dem Migros-Fehlstart fehlen Bio Suisse 3,5 Millionen Franken Lizenzeinnahmen
An der Delegiertenversammlung kam die Migros sprichwörtlich an die Kasse: Mehrere Delegierte machten dem Detailhändler den Vorwurf, er verzögere die Umsetzung der Bio-Knospe auf den Migros-Produkten aus taktischen Gründen oder aus Unkenntnis der Materie. Die Migros-Industrie habe viele Forderungen und wolle Ausnahmen, die Bio Suisse ablehnen müsse. Bio Suisse sei bei diesem Geschäft mit dem knallharten Konzern sehr naiv gewesen – und jetzt rolle man der Migros auch noch den roten Teppich aus.
Bio-Suisse-Geschäftsführer Balz Strasser erklärte die Gründe hinter der verzögerten Einführung der Bio-Suisse-Knospe bei der Migros damit, dass es für viele Produkte bis hin zum kleinen Guetzli neue Rezepturen brauche. Der Arbeitsaufwand dafür sei nicht zu unterschätzen. Ausserdem würde Migros die alten Verpackungen nicht einfach vernichten, sondern auslaufen lassen.
Auch Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli verteidigte die Migros. Der Detailhändler habe den Aufwand zur Umstellung mit 3000 bis 4000 Bio-Suisse-Produkten zwar unterschätzt und habe «schwierige Strukturen mit vielen Gremien, die mitreden wollen». Die Migros sei aber «ein guter Partner». Bio Suisse unterstütze nun die Migros, so dass diese möglichst rasch die Bio-Knospe auf breiter Front in die Läden bringe – und damit auch Lizenz- und Markennutzungsgebühren in die Kasse von Bio Suisse.
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