«Meine Angus-Mutterkühe lieben das Futtermittel mit dem Mootral-Zusatz. Sie streiten sich sogar um die Futter-Pelets», erklärt Landwirt Christian Rufenacht aus Longirod VD. Rufenacht hat insgesamt 65 Angus-Rinder im Stall, die er jeden Tag mit dem eigenen Heu und ein bis vier Kilo Futtermittel-Pellets füttert.
Von Aussen ist den Rindern nichts anzusehen. Und im Stall riecht es wie in jedem Kuhstall – aber die 65 Angus-Rinder stossen 30 Prozent weniger Methan aus. Statt 13'000 Liter Methan pro Tag sind es nur 9000 Liter. Weil dieses Treibhausgas wesentlich zur globalen Erwärmung beiträgt, eine wesentliche Reduktion: In der Atmosphäre wirkt Methan 33 Mal stärker als die gleiche Menge Kohlendioxid CO2.
Jeder Landwirt weiss, dass Kühe die sonst «wertlose» Bio-Masse Gras in hochwertige Nährstoffe umwandeln. Gleichzeitig sind Kühe die weltweit grössten Verursacher von Methan-Emissionen: «90 Prozent kommt vorne raus, 10 Prozent hinten», weiss Landwirt Christian Rufenacht.
Eine wiederkäuende Kuh verschmutzt die Umwelt stärker als ein typisches Familien-Auto
Eine einzige Kuh stösst täglich 150 bis 500 Liter Methan aus. Das entspricht 2 bis 6 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr. Eine Kuh verschmutzt die Umwelt damit stärker, als ein Auto, das gemäss dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) durchschnittlich 250 Tage im Jahr je 65 km gefahren wird und dabei pro Tag 130 Gramm CO2 ausstösst.
Um das im Pariser Klima-Abkommen von 2015 festgeschriebene CO2-Reduktionsziel zu erreichen, muss die Schweiz ihren CO2-Ausstoss bis 2030 (im Vergleich zu 1990) halbieren. Damit soll die durchschnittliche Erwärmung gegenüber der vorindustriellen Zeit (also vor 1900) reduziert werden.
Seit Messbeginn 1864 ist die Durchschnitts-Temperatur in der Schweiz schon um 2 Grad angestiegen. Und die Erwärmung geht immer schneller: Bis ins Jahr 2100 wird die Durchschnitts-Temperatur in der Schweiz noch einmal um 3,2 bis 4,8 Grad zunehmen – wenn die Treibhausgase nicht massiv reduziert werden.
Die in der Schweiz in die Atmosphäre ausgestossene Menge an Treibhausgasen entspricht 48 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten:
- 32 Prozent Verkehr
- 26 Prozent Gebäude
- 22 Prozent Industrie
- 13 Prozent Landwirtschaft
- 6 Prozent andere Quellen (Abfallverbrennung etc.)
Von den 13 Prozent der Treibhausgas-Emissionen in der Schweizer Landwirtschaft wird mehr als die Hälfte vom Methan-Ausstoss der wiederkäuenden Kühe verursacht.
Hier kommt der Futtermittel-Zusatz Mootral ins Spiel: Einer der Gründe für die hohe Methan-Produktion der Kühe ist ihr komplexes Verdauungssystem mit den vier Mägen, die sogenannte enterogene Fermentation.
Das Schweizer Pharma-Unternehmen Zaluvida in Rolle VD hat einen Futtermittel-Zusatz entwickelt, der den Methan-Ausstoss beim Wiederkäuen um 30 Prozent reduziert. Der Futtermittel-Zusatz Mootral wird aus natürlichen Inhaltsstoffen hergestellt:
- aus Knoblauch-Pulver und
- aus Zitrus-Extrakten, die als Nebenprodukt bei der Verarbeitung von Orangen anfallen
Landwirt Christian Rufenacht mischt Mootral in das Futtermittel seiner Angus-Rinder. Jede Kuh erhält pro Tag ein bis vier Kilo Futtermittel in Pellet-Form, das wiederum pro Tagesration 15 Gramm Mootral enthält. Das Futtermittel kostet mit Mootral pro Kuh und Jahr 58 Franken mehr, rechnet Landwirt Rufenacht vor. Für seine 65 Angus-Rinder ergibt das jährlich Mehrkosten von 3770 Franken.
Umgekehrt steigert Mootral die Verdauungs-Leistung der Kühe, da die Bakterien im Magen des Wiederkäuers weniger Nährstoffe «wegfressen». Das hat den positiven Effekt, dass Rinder schneller an Fleisch ansetzen.
«Und noch einen unerwarteten Effekt hat Mootral», erklärt Zaluvida-CEO Christoph Stäuble: «Weil die Kühe weniger rülpsen, brauchen sie weniger Energie. Sie geben länger und mehr Milch, die auch einen bis 10 Prozent höheren Fettgehalt hat. Zudem steigt der Anteil ungesättigter Fettsäuren bei gleichzeitiger Reduktion gesättigter Fettsäuren, was eine gesundheitlich höherwertige Milch ergibt.»
Was Landwirt Rufenacht im Rahmen eines Feldversuches einsetzt, könnten die Schweizer Landwirte schon in einigen Monaten haben. «Für den Futtermittel- Zusatz Mootral ist keine gesonderte Zulassung erforderlich», erklärt Zaluvida-CEO Christoph Stäuble. Das Naturprodukt habe für die Kühe und die Menschen weder Risiken noch Nebenwirkungen.
Star-Köchin Meta Hildebrand testet Fleisch aus Mootral-Fütterung – und ist begeistert
Bleibt die Befürchtung, dass sich der Knoblauch aus der Milch und dem Fleisch herausschmecken lässt. Dazu hat Landwirt Rufenacht eines seiner Angus-Rinder direkt vom Metzger nach Zürich gebracht. Zur Fernseh-Köchin, Kochbuch-Autorin und Gastro-Unternehmerin Meta Hiltebrand. Diese zauberte daraus in ihrem Restaurant «Le Chef» ein ganzes Menü, zu dem «die grüne» eingeladen wurde.
Meta Hildebrand servierte Tatar vom Rind, Rindsfilet-Carpaccio und ein kurz gebratenes Entrecote vom Rind «ohne Schischi, damit man das Fleisch auch richtig schmeckt». Und die kritischen Testesser waren genauso begeistert vom Fleisch, wie die Star-Köchin: «Vom Knoblauch ist absolut nichts zu schmecken.»
Das weltweite Marktvolumen für Methan-reduzierende Zusatzstoffe beträgt 17 Mrd. Franken
Mootral ist als Tierfutter-Zusatz in allen wichtigen Märkten heute schon erhältlich, erklärt Christoph Stäuble. «Mit der gezielten kommerziellen Vermarktung werden wir im Sommer 2018 starten.»
Fachleute schätzen das Umsatz-Potenzial von Methan-reduzierenden Zusatzstoffen auf über 1 Mrd. Franken. Der Mikrobiologe Rudolf Thauer vom Max-Planck-Institut schätzt das Marktvolumen sogar auf 17 Mrd. Franken. Seine Berechnung beruht auf der Annahme, dass die Hälfte der weltweit 3,5 Mrd. Rinder, Schafe und Ziegen mit Methan-reduzierenden Zusatzstoffen gefüttert würden.
Das Geschäftsziel von Zaluvida ist bescheidener, allerdings auf höchstem Niveau: «Wir möchten mit Mootral eine Marktdurchdringung von 10 Prozent beim weltweiten Kuhbestand erreichen und damit bis 2028 rund 3 Mrd. Euro umsetzen», erklärt Zaluvida-CEO Christoph Stäuble.
Es bleibt also noch genug Spielraum für andere Anbieter von Zusatzstoffen. Fachleute erwarten eine klare Rollenverteilung mit Mootral von Zaluvida als Futterzusatz für die biologische Viehhaltung und das Produkt 3-NOP von DSM für die konventionelle Viehhaltung.
Die beiden Schweizer Unternehmen bereiten sich auf eine rasant ansteigende Nachfrage vor: «Die Rohstoffe für Mootral sind jetzt schon in Mengen verfügbar, die es uns erlauben würden, sämtliche Kühe dieser Welt damit zu füttern», erklärt Zaluvida-CEO Christoph Stäuble. Und der Zusatzstoff Mootral lässt sich problemlos in die bestehende Futtermittel-Produktions- und Lieferkette integrieren.
Selbst wenn alle 1,5 Mrd. Kühe weltweit mit Mootral gefüttert würden, bräuchte es dazu nur 3 Prozent der weltweiten Knoblauch-Produktion.
Emissions-Zertifikate für «klimafreundliche Kühe» könnten neues Einkommen für Landwirte bringen
Für Landwirt Christian Rufenacht in Longirod VD ist der ökologische Effekt von Mootral wichtig. Als Bio-Bauer ist er sensibilisiert. Mindestens so wichtig ist aber für Rufenacht der ökonomische Effekt von Mootral. Noch vor einem Jahr wollte Rufenacht seinen Hof aufgeben. Er sah für seine Fleischrind- und Milchkuh- Haltung keine Zukunft mehr.
Im Gespräch mit Mootral-Hersteller Zaluvida hat der Landwirt erfahren, dass er künftig mit den Einnahmen aus Emissions-Zertifikaten rechnen kann. Wenn sich dieser Markt-Mechanismus zur Vermarktung der Methan-Emissionen aus der Vieh-Wirtschaft durchsetzt, kann Rufenacht seinen Betrieb am Genfersee wieder profitabel führen.
Die 65 Angus-Rinder bleiben deshalb im Stall von Christian Rufenacht: «Für mich ist das mehr als ein erwünschter Nebeneffekt. Mit klimafreundlichen Kühen hat mein Hof wieder eine Zukunft.»