Kurz & bündig

- Für die Suisse-Bilanz 2024 wird der bisherige Toleranzbereich von 10 % wegfallen. Kontrolliert wird die Suisse-Bilanz bei der ÖLN-Kontrolle im Jahr 2025.
- Schleppschlauch-Pflicht und 3,5 % Acker-BFF verschärfen die Suisse-Bilanz zusätzlich
- Die Streichung der Toleranzgrenze ist eine der Massnahmen zur Erreichung der Ziele des Absenkpfades Nährstoffe.

Aufgrund des Absenkpfades für Nährstoffe läuft im Bereich Nährstoffreduktion im Moment ziemlich viel. Bei der Suisse-Bilanz vom Erntejahr 2024 wird der Toleranzbereich von 10 % für Stickstoff und Phosphor wegfallen. Gleichzeitig wurde die Schleppschlauch-Pflicht eingeführt, womit der Bilanz zusätzlich Stickstoff angerechnet wird. Darüber hinaus sollen im Jahr 2025 die 3,5 % BFF auf Ackerfläche eingeführt werden, was eine Reduktion der düngbaren Fläche auf jedem Ackerbaubetrieb zur Folge hat.

Alle diese Faktoren verschärfen die Suisse-Bilanz 2024, welche schliesslich in der ÖLN-Kontrolle im Jahr 2025 kontrolliert werden wird. «Ich befürchte, dass es den Landwirten noch nicht so bewusst ist, was das alles bedeutet», sagt Beat Reidy, Dozent für Graslandnutzung und Wiederkäuersysteme an der HAFL.

Es lohnt sich also, sich bereits jetzt mit der Nährstoffbilanz des Betriebes auseinanderzusetzen und allenfalls eine Planbilanz rechnen zu lassen. Denn eine Überschreitung der Suisse-Bilanz hat finanzielle Konsequenzen (siehe Kasten «Gut gerüstet für die Suisse-Bilanz 2024»).

Neu sind Betriebe mit 95 % bis 100 % am Limit

Bisher waren Betriebe mit 105 % bis 110 % Stickstoff oder Phosphor in der Bilanz am Limit. «Diese Betriebe sind wohl aber auch sensibilisiert, rechnen vorsorglich eine Planbilanz und führen entsprechend Hofdünger weg», meint Beat Reidy. Mit dem Wegfall des 10 %-Toleranzbereichs werden neu Betriebe mit bisher 95 % bis 100 % in der Nährstoffbilanz am Limit sein. Betriebe, die sich bisher vielleicht nicht mit der Wegfuhr von Hofdünger rumschlagen mussten.

Beat Reidy empfiehlt deshalb: Falls sich die Suisse-Bilanz des Jahres 2023 im Bereich 95 % bis 100 % und darüber befindet, sollte man fürs 2024 unbedingt eine Planbilanz berechnen. Somit kann frühzeitig mit der Wegfuhr von Hofdüngern oder anderen Massnahmen reagiert werden.

Was können Landwirte tun, die mit der Suisse-Bilanz am Limit sind?

  • Bilanz optimieren mit Anpassung von Grundfuttererträgen und Krippenverlusten
  • Lineare Korrektur oder IMPEX berechnen
  • Mineraldünger reduzieren: Phosphor durch Gülle ersetzen
  • Hofdünger wegführen

Der Wegfall des Toleranzbereiches wird vor allem zur Folge haben, dass noch mehr Hofdünger transferiert werden. Beat Reidy sieht beim Wegfall des Toleranzbereiches gewisse Schwierigkeiten.

Gut gerüstet für die Suisse-Bilanz 2024 mit Planbilanz

Wenn der 10 %-Toleranzbereich für Stickstoff und Phosphor wegfallen, werden zukünftig auch LandwirtInnen knapp in der Suisse-Bilanz sein, die sich bisher im Bereich 95 % bis 100 % bewegten. Denn neu wird die Obergrenze in der Bilanz für beide Nährstoffe 100 % betragen und nicht mehr 110 %. Wenn sich Ihre Suisse-Bilanz vom Jahr 2023 im Bereich 95 % bis 100 % oder darüber befindet, sollten Sie eine Planbilanz fürs Jahr 2024 rechnen lassen. Dann wissen Sie, wo Ihr Betrieb mit den Nährstoffen steht und können frühzeitig reagieren mit der Wegfuhr von Hofdünger.

2024 gerechnet, 2025 kontrolliert
Der Wegfall der 10 %-Toleranzgrenze betrifft erst die Suisse-Bilanz des Erntejahrs 2024, welche dann erst bei der ÖLN-Kontrolle im 2025 kontrolliert wird.

Bilanz 2023 wie bisher mit 10 %
Die Suisse-Bilanz des Jahres 2023 ist noch nicht betroffen und wird normal mit 10 %-Toleranzbereich gerechnet. Die Bilanz-Obergrenze liegt bei 110 % für Stickstoff und Phosphor.

Für Schleppschlauch wird mehr N angerechnet
Ab der Suisse-Bilanz Berechnungsversion 1.17 wird für mit Schleppschlauch gegüllte Flächen zusätzlich 6 kg N/ha abgezogen. Bisher wurde jeweils mit 3 kg N/ha gerechnet und man hatte die Möglichkeit, die Anzahl der Güllegaben anzupassen. Ab dem Bilanzenjahr 2024 wird fix mit 6 kg N/ha gerechnet, in der Annahme, dass durchschnittlich zwei Mal pro Jahr gegüllt wird. Die Anzahl der Güllegaben können künftig nicht mehr verändert werden.

Noch weniger Nährstoffe mit 3,5 % Acker-BFF
Die 3,5 % Acker-BFF werden ebenfalls einen Einfluss auf die Suisse-Bilanz haben. Der Anteil an düngbarer Fläche sinkt, was die Bilanz mit künftig 100 % weiter verschärft.

Hohe Kürzung bei Überschreitung
Bei Überschreitung der Nährstoffbilanz sind die Konsequenzen schmerzhaft. Gemäss der Direktzahlungsverordnung gilt folgende Sanktion:
«5 Punkte pro % Überschreitung, mind. 12 Punkte und maximal 80 Punkte. Im Wiederholungsfall gilt keine max. Punktzahl. Bei Überschreitung sowohl bei N als auch bei P2O5 ist der höhere Wert für die Kürzung massgebend.»

Die Kürzung wird anschliessend wie folgt berechnet:
«Summe der Punkte minus 10 Punkte, dividiert durch 100 und dann multipliziert mit 1000 Franken pro Hektare LN des Betriebs.»

Beispiel: Ein Betrieb mit 20 ha LN weist bei der Kontrolle 2025 eine Bilanz mit 106 % Stickstoff und 103 % Phosphor auf. Dann wird der Stickstoff sanktioniert mit 6 % Überschuss. 6 % mal 5 Punkte ergibt 30 Punkte. 30 Punkte minus 10 Punkte ergibt noch 20 Punkte.
20 durch 100 mal 1000.– mal 20 ha = 4000.– Kürzung.

Vom Planungs- zum Vollzugsinstrument

«Die Suisse-Bilanz weist Ungenauigkeiten auf, weil sie mit Normwerten rechnet. Deshalb wurde von Anfang an dieser Toleranzbereich von 10 % eingeführt», erklärt Beat Reidy. Jetzt werde der Toleranzbereich einfach gestrichen als eine der Massnahmen zur Erreichung der Ziele im Absenkpfad (siehe Kasten «Absenkpfad Nährstoffe»). Die Suisse-Bilanz sei dadurch aber nicht genauer geworden.

«Die Suisse-Bilanz war ursprünglich ein Planungsinstrument und von den Landwirten einigermassen akzeptiert. Wird der 10 %-Toleranzbereich gestrichen, wird die Suisse-Bilanz vermehrt zum Vollzugsinstrument, um Druck auf die Nährstoffreduktion zur Erreichung der Ziele im Absenkpfad auszuüben», erklärt Beat Reidy. Somit bestehe das Risiko, dass die Landwirte das Vertrauen ins Planungsinstrument verlieren würden.

Denn die Suisse-Bilanz habe durchaus auch Positives bewirkt. Der Phosphoreinsatz mittels Mineraldünger konnte bis zum Jahr 2000 um 75 % reduziert werden. Seit der Einführung der Suisse-Bilanz in den 1990er-Jahren blieb der Einsatz phosphorhaltiger Mineraldünger in etwa konstant, bei gleichbleibenden Erträgen (siehe Grafik «Phosphormengen zwischen 1975 und 2018»).

Etwas anders sieht es beim Stickstoff aus. Dieser konnte ebenfalls reduziert werden, bleibt aber seit den 1990er-Jahren auf einem konstanten Niveau (Siehe Grafik «Stickstoffmengen zwischen 1975 und 2018»). Grund dafür ist, dass Stickstoff ertragsrelevanter ist.

Beat Reidy ist skeptisch, ob mit der Streichung des Toleranzbereiches in der Suisse-Bilanz die Ziele im Absenkpfad erreicht werden können.

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Absenkpfad Nährstoffe
Die OSPAR-Bilanz ist eine Hoftorbzw. Input-Output Bilanz. Dazu wird die gesamte Schweizer Landwirtschaft als ein gesamter Betrieb betrachtet und der nationale Nährstoff-Input dem Nährstoff-Output gegenübergestellt. Die Stickstoff- und Phosphorbilanz wird jährlich von Agroscope berechnet.

Der Bundesrat hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis zum Jahr 2030 die Nährstoffverluste von Stickstoff um 20% und von Phosphor um 15% reduziert werden sollen. Der Bund verwendet daher die OSPAR-Bilanz, um die Nährstoffüberschüsse der gesamten Schweizer Landwirtschaft abschätzen zu können.

Für das Jahr 2020 zeigten die Berechnungen im Schnitt über die gesamte Landwirtschaftliche Nutzfläche folgende Nährstoffüberschüsse:
- Stickstoff: 80 kg/ha
- Phosphor: 4 kg/ha
Die Streichung der 10% Toleranz in der Suisse-Bilanz stellt eine der Massnahmen dar, um die Ziele des Absenkpfades bis 2030 zu erreichen.

Gülleproblem wird verlagert und nicht gelöst

Ein Grossteil der Gülle fällt in den tierintensiven Regionen an. Gebiete rund herum sind oftmals bereits gut mit Gülle bedient. Sinnvollerweise sollte die Gülle möglichst in Ackerbaugebiete gebracht werden, auch diese sind vor allem auf das Mittelland beschränkt. «Es kann nur eine nationale Nährstoffreduktion geben, wenn der Mineraldünger teilweise durch Gülle ersetzt wird», erklärt Beat Reidy.

Hier bestehe das nächste Problem. Zeitlich und kulturtechnisch kann die Gülle im Ackerbau vor allem im Frühjahr eingesetzt werden, zum Beispiel in Getreide oder Mais. Die notgedrungene Hofdünger-Wegfuhr erfolgt oftmals im Herbst, wenn die Güllelager knapp werden. «Dann ist es eher ein Entsorgen der Gülle», sagt Beat Reidy. Zudem müssen tierintensive Betriebe für die Gülleabgabe häufig noch bezahlen, was zusätzliche Kosten darstellt.

Zudem seien Hofdünger deutlich ineffizienter in der Wirkung. «Wenn wir mal die energieintensive Herstellung von Mineraldüngern ausser Acht lassen, dann wirken Mineraldünger im Feld viel effizienter als Hofdünger. Sie können gezielter und zeitlich flexibler eingesetzt werden und verursachen weniger Nährstoffverluste», erklärt Reidy.

Mineraldüngerimport wird durch Futtermittelimport abgelöst

Der Wegfall des Toleranzbereiches führt also eher zu einer Nährstoffproblem-Verlagerung als zur Lösung. Denn die Gülle-Wegfuhr passiert nur innerhalb der Schweiz. «Solange nicht weniger Nährstoffe importiert werden, wird sich in der OSPAR-Bilanz nichts ändern», erklärt Reidy.

Damit die nationale Nährstoffbilanz sinken kann und die Ziele im Absenkpfad erreicht werden können, müssten folgende Massnahmen umgesetzt werden:

  • Weniger Mineraldüngerimport
  • Weniger Futtermittelimport
  • Mehr Ertrag bei gleichem Nährstoff-Input
  • Tierzahlreduktion bzw. Konsumreduktion

Gemäss Beat Reidy stellen die Futtermittelimporte hinsichtlich der Nährstoffbilanz ein grosses Problem dar. «Die in den vergangenen Jahren erreichte Nährstoffreduktion durch verminderte Mineraldüngerimporte werden durch die Futtermittelimporte wieder wettgemacht», erklärt Reidy. Via Futtermittel werden grosse Mengen an Nährstoffen in die Schweiz gebracht.

Gemäss der OSPAR-Bilanz war der Input über importierte Futtermittel bei Stickstoff und Phosphor höher als der Output über die tierischen Nahrungsmittel und die anderen tierischen Produkte. Dies führt zu Bilanzüberschüssen.

«Die Suisse-Bilanz als Planungsinstrument wird vermehrt zum Vollzugsinstrument.»

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Landwirte motivieren statt strafen

«Wenn man erreichen will, dass die Betriebe effizienter werden und weniger Nährstoffverluste aufweisen, dann muss man ihnen aufzeigen können, wie gut oder schlecht sie sind. Aber das kann die Suisse-Bilanz nicht», meint Beat Reidy.

Die Landwirtschaft würde immer Effizienzdefizite aufweisen, aber man könne sie optimieren. «Das geht aber nur, wenn wir die Landwirte ins Boot holen. Die Streichung des 10 %-Toleranzbereichs ist daher nicht sehr konstruktiv», sagt Reidy.

Er sieht deshalb Potenzial in der Hoftorbilanz, worin sämtliche Nährstoff-Inputs und -Outputs auf dem Betrieb erhoben werden. Dazu brauche es aber eine genaue Datenbank (wie Digiflux) zur Erfassung sämtlicher Nährstoffe. Dann könnte eine Art Belohnungssystem eingeführt werden, mit dem Betriebe finanziell belohnt werden, wenn sie Nährstoffverluste reduzieren. Aktuell wird man eher noch gestraft, weil beispielsweise die Gülle noch nährstoffreicher wird, je weniger Ammoniakverluste sie hat. Das wirkt sich negativ auf die Suisse-Bilanz aus.

Wann muss keine Suisse-Bilanz berechnet werden?

Sie müssen keine Nährstoffbilanz berechnen, wenn Sie keine N- oder P-haltigen Dünger zuführen und Ihr Viehbesatz pro Hektare düngbare Fläche folgende Werte nicht überschreitet:

- Talzone 2
- Hügelzone 1,6
- Bergzone I 1,4
- Bergzone II 1,1
- Bergzone III 0,9
- Bergzone IV 0,8

Angaben in DGVE/ha