Wieso genau essen einige Religionsgemeinschaften kein Schweinefleisch? Nicht nur aus gesundheitlichen Gründen. Die häufig als Erklärung verwendeten Trichinien (parasitische Fadenwürmer), die beim Menschen Trichinellose auslösen, wenn das Fleisch nicht ausreichend durchgebraten oder gekocht wird, wurden erst 1835 entdeckt, der Zusammenhang mit der Krankheit Jahrzehnte später.
Mit solchen Geschichten stöbert der Autor weit in der Weltgeschichte herum. Kristoffer Hatteland Endresen ist Historiker und Journalist. Das merkt man beim Lesen: Er kann Geschichten erzählen und die teilweise schwere Kost liest sich leicht.
Das eigene Konsumverhalten kritisch hinterfragt
Das Buch ist keine Anleitung zur Schweinezucht. Der Autor geht von seinem eigenen Konsumverhalten aus und will herausfinden, wie in Norwegen Schweinezucht- und mast betrieben wird.
Dazu besucht er den Betrieb von Leiv und Eirik Rugland in Jæren im Südwesten Norwegens ein halbes Jahr lang regelmässig. Er arbeitet mit und begleitet einen Wurf Ferkel von der Geburt bis zur Schlachtung.
Informationen zum Buch
«Saugut und ein wenig wie wir. Eine Geschichte über das Schwein»
von Kristoffer Hatteland Endresen
Gebundene Ausgabe, 272 Seiten
Westend Verlag
1. Auflage 2022
ISBN 978-3-86489-357-5
Das ist der rote Faden, den Endresen für seine Exkurse braucht: Steht bei den Sauen die Besamung an, erzählt er, wie Anfang des 20. Jahrhunderts der russische Biologe Ilija Iwanowitsch Iwanow so lange experimentiert hat, bis er nicht nur herausgefunden hat, wie Spermien ausserhalb der Hoden überleben, sondern auch, wie er abgelegene Tierbestände besamen kann.
So weit, so gut – Endresen berichtet aber auch, dass sich Iwanow nicht mit Tieren zufrieden gegeben hat, sondern versuchte, Menschen mit Affen zu kreuzen. Dafür wurde er schliesslich ins Exil nach Kasachstan deportiert, wo er 1932 starb.
Wie klug sind die Schweine?
Es ist diese Fähigkeit, Fakten in Geschichten zu erzählen, die das 270 Seiten dicke Buch interessant macht. Man kann einzelne Kapitel lesen und sich über die verrückten Einfälle von Wissenschaftlern wundern, die Schweine vor einen Bildschirm setzten, um zu testen, wie intelligent die Tiere sind.
Hochinteressant sind die Überlegungen, die sich Endresen macht: Er erkennt, dass er in seinem halben Jahr Arbeit auf dem Betrieb Rugland die Tiere eigentlich nicht näher kennen gelernt hat.
Er begegnet den Landwirten mit grossem Respekt und stellt deshalb die Frage, wozu deren Arbeit gut ist, wenn Ende 2018 vier Millionen Kilo Schweinefleisch (zuviel) in norwegischen Kühllagern liegen.
Eine Frage, die sich wohl auch Schweizer Schweineproduzenten manchmal stellen: Harte Arbeit, aktuell unsichere Preise und eine Gesellschaft, die zwar billiges Fleisch will, aber gleichzeitig Ansprüche stellt, die für die Produzenten gar nicht vernünftig umzusetzen sind.
Zum Porträt der Schweizer Landrasse im Nutztier-Lexikon
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