Ein Pferdegespann ist in der Schweizer Landwirtschaft nicht alltäglich. Längst gibt es auf den Betrieben keine Fuhrmänner mehr, sie fahren jetzt Traktor. Allerdings nicht mehr ausschliesslich. Immer mehr Landwirte spannen wieder Arbeitspferde ein.
Ernst Rytz aus Olsberg AG freut sich über diese Entwicklung. Er präsidiert die Interessengemeinschaft Arbeitspferde (IGA) und arbeitet auf seinem Betrieb regelmässig mit Pferden. Dies macht Rytz nicht nur, weil er ein Pferdenarr ist. Ihn fasziniert es, die der Technik der eingespannten Maschinen mit der Leistungskraft der Pferde zu kombinieren.
Neben der Arbeit auf dem 35-Hektaren-Betrieb tüftelt er auch an Maschinen für den Pferdezug. «Es gibt noch viel zu entwickeln. Es braucht viele Ideen, damit die Geräte noch leichtzügiger und dadurch leistungsfähiger werden.»
Auch bei der Arbeit mit Pferden geht es um Leistungsfähigkeit und um Wirtschaftlichkeit. Seit Ernst Rytz mit den Freiberger-Geschwistern Dafne und Hiram sät, mäht und kreiselt, konnte er den Treibstoffbedarf auf dem Hof um rund 20 Prozent senken.
Die Mähmaschine von Ernst Rytz ist laufruhig, leichtzügig und hat eine hohe Flächenleistung
Die Mähmaschine, die Ernst Rytz zusammen mit seinem Betriebsmitarbeiter Max Meuter einspannt, ist ein optimiertes Grundmodell von Bucher aus den 1950er-Jahren. Rytz hat den Fingermesserbalken durch einem modernen Doppelmesserbalken ersetzt.
Der Antrieb erfolgt rüttellos mit Keilriemen. Die versetzte Anordnung vermeidet, dass alle Messer gleichzeitig zum Schnitt ansetzen. Dies macht die laufruhige Maschine leichtzügiger. Die Arbeitsbreite konnte dadurch von 1,35 Meter auf 1,95 Meter verbreitert werden, ohne dass die Pferde mehr leisten müssen. Die Flächenleistung verdoppelte sich.
Ein Grund für die Leistungssteigerung liegt darin, dass weniger Anschlussfahrten notwendig sind, bei welchen die Arbeitsbreiten überschneiden. Zudem kann bei einem Reststreifen bereits gemähtes und liegendes Gras unterschnitten werden. Das ist mit dem Fingermesserbalken nicht möglich.
Das Gespann mäht dank der optimierten Technik eine Hektare in 1,25 Stunden. Eine Tagesleistung von rund vier Hektaren ist möglich.
Die Pferde bewegen sich mühelos in schwierigem Gelände und sie schonen den Boden
Dank des umgebauten Antriebs kann der Messerbalken auch in schräger Stellung mähen. Damit kann Max Meuter mühelos die steile Strassen-böschung schneiden. «Die Pferde sind es gewohnt, sich in schwierigem Gelände zu bewegen. Dabei ist es wichtig, dass sich die Pferde an die Maschinengeräusche gewohnt sind und auch sonst nicht schreckhaft sind. Der Fuhrmann muss sie jederzeit kontrollieren können.»
Ernst Rytz sieht im Pferdezug auch Vorteile beim Bodendruck. Die Gewichtsbelastung für den Boden ist durch die etwa 650 Kilogramm wiegenden Tiere geringer als mit Fahrzeugen. «Diesen Vorteil nutzen wir. Wir können nach Regen mit dem Mähen einen Tag früher beginnen. Da erreichen wir mit den Pferden einen Vorsprung und können Schönwetterperioden besser nutzen.»
Gegenüber jener Zeit, als Arbeitspferde zum Alltag gehörten, sind die Parzellen grösser geworden. Dies verlangt nicht nur bei Traktor- sondern auch bei pferdegezogenen Maschinen nach mehr Leistung.
Hier helfen Aufbaumotoren, welche die Arbeitsgeräte in Bewegung zu setzen. Für das Kreiseln wird beispielsweise ein Vorderwagen eingespannt. An diesen kann ein konventioneller Kreisler angebaut werden, wie er am Traktor eingesetzt wird. Dankdem motorisierten Antrieb muss das Gefährt nur gezogen werden. Dafür genügt ein Pferd.
Es gibt auch Mähmaschinen mit Aufbaumotoren. Ernst Rytz hat diverse Geräte getestet. Sein Favorit ist jedoch weiterhin die Mähmaschine mit Bodenantrieb.
Die Aufbaumotoren mit einer Leistung um 8 bis 10 PS verursachen zusätzlichen Lärm und benötigen Treibstoff. Es ist jedoch nicht so, dass Rytz etwas gegen motorisierte Unterstützung hätte. Am liebsten hätte er die Unterstützung aber elektrisch. Dafür gibt es aktuell noch keine Lösungen auf dem Markt.
Ernst Rytz möchte das Gewicht des Mähbalkens dank Carbon auf einen Viertel reduzieren
In Europa gibt es einen regen Austausch Gleichgesinnter mit immer wieder neuen Entwicklungen. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis der Wunsch nach einem elektrischen Antrieb realisiert ist.
Wie bei allen muskelbetriebenen Vorgängen spielt das Gewicht der Geräte, die bewegt werden müssen, eine entscheidende Rolle. Längst hat kein Radprofi mehr die Tour de France mit einem schweren Stahlrahmen-Velo gewonnen.
Und Benjamin Pavard, der Innenverteidiger des VfB Stuttgart, wäre an der Fussball-WM in Russland mit schweren Leder-Fussballschuhen nicht so leichtfüssig an den gegnerischen Strafraum vorgedrungen, um dort für Frankreich gegen Argentinien ein Traumtor zu schiessen.
Mit den Arbeitsgeräten für Pferde verhält es sich genau gleich. Leichtbau ist deshalb unter den Tüftlern ein grosses Thema. Ernst Rytz ist überzeugt, dass er die rund 140 Kilogramm des Mähbalkens auf einen Viertel reduzieren könnte. Dann wären nur noch die Messer aus Stahl gefertigt, die Rahmenteile müssten aus Carbon bestehen.
Zunächst will Ernst Rytz jedoch eine weitere Mähmaschine optimieren. Sie ist wegen eines Aufbaumotors etwas schwerer und verursacht an der Zugdeichsel einen Seitenzug. Dies ist für die Pferde nicht angenehm und sie müssen den seitlichen Druck auf Kosten der Zugkraft ausgleichen.
Rytz hat für dieses Problem bereits einen Lösungsansatz gefunden. Er will die Zugstange mit dem vorderen Nachlaufrad zu einer Achsschenkel-Lenkung verbinden. Damit wird der seitliche Druck aufgehoben.
Wie sich die Arbeit mit Pferden weiterentwickelt, ist nicht nur eine Angelegenheit für Pferdehalter. Maschinentüftler finden ebenfalls ein Betätigungsfeld. Mit einfachen Lösungen können sie die Wirtschaftlichkeit des Pferde-Einsatzes weiter verbessern.