Kurz & bündig
- Familie Alder hat den Anbindestall zu einem Laufstall für Mutterkühe umgebaut.
- Mit Hilfe eines Futterbandes liess sich viel Platz im Stall sparen.
- Der Auslauf dient zugleich als Laufgang um die Liegefläche.
- Mistroboter und Hoftrac reduzieren und vereinfachen die Arbeit im Stall.
- Alders achteten beim Umbau auf die «sechs Freiheiten» der Kühe.
- Beim Verkauf ihrer Produkte setzen Alders auf die Direktvermarktung.
Bis Januar 2020 war der Brandhof in Hemberg im Toggenburg ein für die Region typischer Milchwirtschaftsbetrieb mit eigener Aufzucht. Dann stellte Familie Alder auf Mutterkühe um. Das bedeutete für sie, den Stall umzubauen, Kühe zu suchen, die sich für Mutterkuh-Haltung eignen und das Fleisch gut zu vermarkten.
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Platz sparen mit Hilfe eines Futterbandes
Wie baut man einen Anbindestall in einen Laufstall für Mutterkühe und ihre Kälber um? «Wir hatten es uns lange überlegt», erzählt Sarah Alder.
Die HAFL-Agronomin hat den Hof im Jahr 2016 von ihren Eltern übernommen. Die Herausforderung lag vor allem darin, im bestehenden Stall genügend Platz für einen Laufstall zu finden, ohne anbauen zu müssen. Die Lösung brachte Christian Manser, Berater und Kuhsignaltrainer am Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen LZSG. Er schlug vor, ein Futterband einzubauen. So konnte auf eine breite Futterdurchfahrt verzichtet werden.
«Wir haben kein Tenn mehr», bringt es Vater Heini Alder, der weiterhin auf dem Betrieb mitarbeitet, auf den Punkt. Noch mehr Platz gab es, indem der Auslauf auf einer Längs- und Querseite des Stalles zugleich als Laufgang dient. Das ermöglicht einen Rundlauf um den gesamten Liegebereich.
Beim Umbau hat Sarah Alder zwei Stallwände entfernt
Der umgebaute Stall ist hell und gut durchlüftet, da die Wände auf der Süd- und Ostseite bis auf die Stützen entfernt wurden. An dem sonnigen Februarmorgen gelangen die Sonnenstrahlen weit auf die Liegefläche in der Mitte des Stalles. «Sie töten Keime ab und wärmen die Kälber auf der Tiefstreu», sehen Alders die Vorteile.
Links und rechts der Tiefstreu befinden sich je sieben Liegeboxen für die Kühe auf einer Kalk-/Strohmatratze. «Diese haben wir aus dem Anbindestall entnommen», erzählt Heini Alder. Es braucht nämlich Zeit, bis sich eine neue Kalk-/Strohmatratze verfestigt hat. Die meisten Kühe fressen beim Besuch gerade am Fressgitter entlang der hinteren Längsseite des Stalles. Die Wand dort blieb bestehen, aber die Fenster sind ausgehängt und lassen sich als Schutz gegen den Nordwind durch einen Vorhang schliessen.
Zum Füttern werfen die Landwirte Heu und Silage von der Heubühne nach unten auf das elektrisch betriebene Futterband. Die Kälber fressen in einem eigens für sie zugänglichen Kälber-Schlupf, wo das beste Futter vorgelegt wird. Die «Krippräumete» lässt sich mit dem Futterband im Rückwärtsgang ganz einfach wieder aus dem Stall befördern. Sie fällt auf den Boden des Vorraumes, wo sich früher zwei Silos befanden und wird mit einem Hoftrac auf den Miststock gefahren.
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Die Pinzgauer Kühe sind ruhig und umgänglich
Auf dem Brandhof fallen neben dem offenen, deckenlastigen Stall auch die kastanienbraunen, charaktervollen Pinzgauer Kühe mit dem weissen Bauch und der weissen Linie über dem Rücken auf. Sie haben ihren Ursprung im Salzburgerland. «Die Pinzgauer gefallen mir megagut», schwärmt Sarah Alder.
Doch die Wahl ist nicht nur gefühlsmässig auf die Rasse gefallen. «Wir haben eine ruhige und mittelschwere Kuh mit guten Klauen gesucht, die zu unserem teils steilen Land in der Bergzone II passt», erklärt sie. Die Kuh sollte das Raufutter gut verwerten und ohne Kraftfutter eine ansehnliche Milchleistung erbringen, um ihre Kälber optimal zu versorgen, damit diese hohe Tageszunahmen erreichen.
Die Kühe haben ein ruhiges und umgängliches Wesen und sind – auch wenn sie Kälber führen – nicht aggressiv gegenüber Fremden. Sicher trägt dazu auch das enge Mensch-Tier-Verhältnis bei. Familie Alder hält sich viel bei ihren Tieren auf. Vater und Tochter striegeln und bürsten das Fell ihrer Tiere. Zum Abkalben werden die Kühe in eine separate Abkalbebucht direkt neben der Herde gebracht. Dank schwenkbarer Gatter lassen sie sich dort für Behandlungen fixieren.
Ein Stier soll nicht in den Stall
Sarah Alder möchte keinen Stier in der Herde haben, zum einen wegen der Gefahr für den Menschen, insbesondere für die Kinder. Zum anderen könnte es passieren, dass der Stier den weiblichen Nachwuchs, der bis zum Alter von zehn bis elf Monaten im Stall bleibt, unerwünscht deckt.
Mobile Geräte zum Reinigen und Entmisten
Das Reinigen der Stallgänge übernimmt ein Entmistungs-Roboter. Er läuft ruhig und schiebt den Mist in ein Abflussrohr zur Güllegrube im Auslauf. Die Kühe weichen ihm aus und haben keine Probleme mit ihm, beobachtet Heini Alder. Ein Einbau von stationären Schiebern wäre zu aufwändig gewesen, auch hätten diese die Quergänge nicht reinigen können.
Für die Stallplanung war es wichtig, dass die Laufgänge keine Schwellen und Stufen aufweisen. Einerseits wegen der Tiere, andererseits damit der Entmistungs-Roboter überall und ungehindert seine Arbeit verrichten kann. Dort, wo einige Deckenstützen dem Roboter den Weg versperren, ist allerdings auch etwas Handarbeit nötig. Das war beim Umbau nicht zu vermeiden.
Der Hoftrac wird vielseitig eingesetzt
Der Boden im Liegeboxen-Bereich liegt 20 cm unter dem Laufgang-Niveau, um damit den Aufbau einer kompakten ca. 40 cm dicken Kalk-/Strohmatratze zu ermöglichen. Zum Ausmisten der Tiefstreu im Liegebereich der Kälber und in der Abkalbebucht verwenden Alders einen Weidemann-Hoftrac mit einer grossen Schaufel. Die Stallhöhe beträgt 2,55 m.Das ist hoch genug, um mit ihm darin arbeiten zu können.
Der Hoftrac ist für Alders ein wichtiges Hilfsmittel für weitere Arbeiten auf dem Betrieb. Sie transportieren damit Silo- und Heuballen, hieven sie auf die Heubühne und bringen Stroh-Quaderballen direkt auf die Liegefläche der Kälber. Grosse Hilfe leistete der Hoftrac beim Stallumbau, der mit viel Eigenleistung erfolgte. Nicht zuletzt lässt sich damit auch das Brennholz rüsten.
Kuhkomfort wird im neuen Stall grossgeschrieben
Die Landwirte liessen sich beim Umbau von den grundlegenden Bedürfnissen der Kühe leiten, welche Kuhsignal-Trainer Christian Manser als die «sechs Freiheiten» der Kühe bezeichnet. «Kühe sind keine Höhlenbewohner» hört man Manser immer wieder betonen. Es bedarf etwas Mut, ganze Stallseiten zu öffnen.
Doch Familie Alder hat in diesem ersten Jahr, in dem sie ihre Kühe so hält, nur gute Erfahrungen damit gemacht. «Der Liegeplatz muss trocken sein. Das ist das A und O», sagt der Landwirt. Bis jetzt hatten sie kein einziges Kalb mit Lungenentzündung, weder im Sommer noch im Winter.
Die sechs Freiheiten
Familie Alder hat beim Umbau die sogenannten «sechs Freiheiten» der Kühe berücksichtigt:
- Licht
- Luft
- Raum
- Ruhe
- wiederkäuergerechtes Futter
- dauernd zugängliches Wasser
Dank eigenem Quellwasser steht den Tieren ein grosser Brunnentrog mit fliessendem Wasser zur Verfügung. Allgemein bietet der «neue» Stall mehr Lebensqualität. «Wir können auch einmal fort, sogar in die Ferien», bemerkt Sarahs Mutter Heidrun. «Die Arbeit wurde erleichtert», sieht der Vater als grossen Vorteil. Sie schätzen es, dass sie im Sommer mehr Zeit zum Heuen haben. Wären sie bei der Milchproduktion geblieben, hätten sie in einen Melkroboter investieren müssen, wofür der Betrieb zu klein ist. Mit der neuen Situation der Mutterkuh-Haltung hat sich inzwischen die ganze Familie bestens angefreundet.
Dank dem Entmistungsroboter Kosten gespart
Der Umbau kam auf 5000 bis 6000 Franken je Mutterkuh-Platz zu stehen, allerdings ohne den Entmistungs-Roboter, der zusätzlich mit etwa 2000 Franken je Kuhplatz zu Buche schlägt. Technische Einrichtungen lassen sich in kleineren Betrieben weniger gut amortisieren.
Dank des Entmistungs-Roboters liessen sich allerdings Baukosten einsparen. So konnte man auf Spaltenböden und zusätzliche Güllekanäle verzichten.
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Auf die Vermarktung des Fleisches kommt es an
Anstatt wie früher vornehmlich Milch zu liefern, setzt die Familie jetzt auf den Verkauf von Fleisch ihrer Tiere. Ein Metzger im Dorf Bächli schlachtet die Kälber im Alter von zehn bis elf Monaten. Sarah Alder hat das Ziel, das meiste Fleisch direkt zu vermarkten. Zusammen mit ihrem Mann Mario, der als Wirtschaftsinformatiker arbeitet, hat sie begonnen, das Fleisch im Direktverkauf in Form von Mischpaketen anzubieten.
Ein ansehnlicher Kundenstamm ist bereits vorhanden. Der Rest gehe als Natura-Beef in den Handel. Nach dem geschickten Umbau des Stalles dürfte die Vermarktung die zweite grössere Herausforderung bei der Umstellung von Milchkuh- auf Mutterkuh-Haltung sein.
Die Familie ist dabei optimistisch. Sie setzt auf eine Kundschaft, die Wert auf eine naturgemässe Haltung, regionale Produktion und eine hohe Fleischqualität legt. «Das Fleisch der Pinzgauer ist sensationell», fügt die Agronomin hinzu.
Betriebsspiegel Brandhof
Sarah Alder, Hemberg (St. Gallen)
LN: 15 ha Grünland in Bergzone II, 900 m ü. M.
Tierbestand: 14 Pinzgauer Mutterkühe mit ihren Kälbern
Arbeitskräfte: Betriebsleiterin im 50 % Pensum, Vater als Angestellter
Verkauf: Ehemann der Betriebsleiterin zu etwa 10 Prozent