Piadin kurz erklärt

[IMG 4]Piadin ist ein Nitrifikationshemmer, vergleichbar mit Entec flüssig, N-Lock oder Vizura. Nitrifikationshemmer, auch Nitrifikationsinhibtoren genannt, verzögern die Umwandlung von Ammonium- in Nitratstickstoff. Dies geschieht dadurch, dass diese Produkte die Nitrosomonas-Bakterien, welche für die Umwandlung von Ammonium in Nitrat verantwortlich sind, hemmen. Dadurch verzögert sich die Umwandlung von Ammonium in Nitrat um – je nach Dosierung – mehrere Wochen. Der Vorteil dabei ist, dass Ammonium-Stickstoff an die Bodenteilchen gebunden ist und kann nicht ausgewaschen werden wie Nitrat. So kann teilweise bereits vor der Saat – beispielsweise beim Mais – bereits gedüngt werden, ohne dass zu hohe Nährstoffverluste durch Auswaschung entstehen, weil die Kulturen im Jugendstadium tendenziell einen geringen N-Bedarf haben. Piadin ist aber kein Allheilmittel. Unter Schweizer Bedingungen gibt es keine exakten wissenschaftlichen Versuche, die durchgeführt wurden. Experten geben zudem zu bedenken, dass neben der Hemmung der nitrifizierenden Bakterien auch noch weitere Organismen gehemmt werden oder andere Interaktionen entstehen könnten. Der Boden ist nach wie vor noch so etwas wie eine Blackbox.

Damit beim Güllen gute Ausbring-Bedingungen ideal genutzt werden können, der Stickstoff aber dennoch nicht ausgewaschen wird, gibt es Nitrifikationshemmer. Diese Produkte – beispielsweise Piadin – verzögern die Umwandlung von Ammonium-Stickstoff in Nitrat.

Ein Beispiel: Anfang März sind die Bedingungen trocken, der Weizen ist aber erst am Bestocken. Um das Feld bei idealen Bedingungen güllen zu können, ohne dass der Stickstoff aus der Gülle zu früh weg ist, kann der Gülle Piadin beigemischt werden. So muss die Parzelle nur einmal gegüllt werden, und der Stickstoff wird – je nach Dosierung – erst zu einem späteren Zeitpunkt in Nitrat umgewandelt. Idealerweise dann, wenn die Kultur einen hohen N-Bedarf hat.

Seit 10 Jahren Erfahrung mit dem Nitrifikationshemmer Piadin

Seit Jahren Erfahrung mit dem Einsatz von Piadin hat die Thomas Estermann AG aus Eschenbach LU. Werner Rüttimann, Mitinhaber und Verantwortlicher für den Pflanzenschutz, erinnert sich: «Seit das Produkt im Jahr 2010 bewilligt wurde, setzen wir es ein.»

Rüttimann verwendet aber die Pflanzenschutz-Spritze für die Ausbringung von Piadin, wobei er gleichzeitig Flüssigdünger ausbringt. «Es ist wichtig zu verstehen, dass wir Piadin über den Boden anwenden und es auch dort wirkt. Es spielt also keine Rolle, ob das Piadin unter die Gülle gemischt wird oder mit der Pflanzenschutzspritze ausgebracht wird», so Rüttimann. Die Wirkung ist immer die gleiche: Piadin hemmt die nitrifizierenden Bakterien im Boden, weshalb die Umwandlung von Ammonium in Nitrat verzögert wird. Aber Flüssigdünger ausbringen und gleichzeitig die Wirkung verzögern, ist das nicht ein Widerspruch? Nur auf den ersten Blick, denn hier kommt wieder das Ausnutzen der idealen Ausbringbedingungen zum Zug: Mit Piadin kann die Düngung einer Kultur schon abgeschlossen werden, weit bevor diese den Hauptnährstoffbedarf hat.[IMG 2]

Arbeitsspitzen brechen als Pluspunkt

Für Rüttimann hat Piadin weitere Vorteile: «Wir können dank einer frühen gezielten Düngung mit Zusatz von Piadin Arbeitsspitzen brechen», so der Praktiker. Für ihn hat die Anwendung mit der Pflanzenschutzspritze Vorteile gegenüber dem Beimischen zur Gülle. «Mit der Spritze können wir exakter arbeiten als mit der Gülletechnik.»

Exaktes Arbeiten ist beim Einsatz von Piadin wichtig. Überdosierungen wirken sich negativ auf den Ertrag aus, da der Stickstoff zu lange nicht von den Pflanzen aufgenommen werden kann. Nach der Ernte resultieren erhöhte Stickstoff-Gehalte im Boden, was wiederum die Auswaschung von Nitrat bedeuten kann. Wird Piadin hingegen unterdosiert, besteht das Risiko, dass das Ammonium zu früh in Nitrat umgewandelt und somit ausgewaschen wird. In diesem Fall reicht dann die Nährstoffversorgung auch nicht bis zum Ende – in unserem Beispiel bis zur Kornfüllung des Weizens – aus.

Ressourcenprojekt «N-Effizienz» Kanton Zürich

Im Kanton Zürich läuft ein Ressourcenprojekt zur N-Effizienz auf Landwirtschaftsbetrieben. Daniel Widmer vom Strickhof betreut das Projekt: «Mit unseren 21 Pilotbetrieben versuchen wir, mit diversen Massnahmen die N-Effizienz auf der Ebene Gesamtbetrieb zu steigern», so Widmer.

Auf fünf Betrieben wird neu seit Beginn des Projektes Piadin eingesetzt mit dem Ziel, die N-Effizienz zu steigern. «Piadin ist aber nur einer von vielen Hebeln. Optimierte Fütterungspläne, Düngungspläne basierend auf den Boden- oder Hofdünger-Analysen sind weitere und sehr wichtige Instrumente, die eingesetzt werden», erklärt Daniel Widmer. Die Inspiration für den Piadin-Einsatz komme aus Deutschland.

Dort wird Piadin teilweise zum Schutz des Gewässers eingesetzt. «Unter den hiesigen Bedingungen ist die Wirkung von Piadin nicht zwingend gegeben», mahnt jedoch Daniel Widmer. Bedingt durch den Ton- und Humus-Gehalt verfügen unsere Böden an sich bereits über eine bessere Pufferwirkung als sandige Böden in gewissen Regionen Deutschlands.  Widmer hofft, dass am Ende des sechs Jahre dauernden Ressourcenprojektes klarere Aussagen gemacht werden können.

Landwirt Gregor Künzli hat bei der Thomas Estermann AG gearbeitet. Im Jahr 2011 führte er Versuche mit Piadin in Wintergerste durch und hat darüber eine Diplomarbeit verfasst. Er kam zum Schluss, dass der Einsatz von Piadin auch wirtschaftlich interessant sein kann. Dies idealerweise bei einer Dosierung von 5 l Piadin pro Hektare, insbesondere dann, wenn hohe Güllegaben verabreicht wird oder die Düngung beispielsweise mit Flüssigdünger in einem Schritt erledigt wird. Die Aussagekraft dieses Streifen-Tastversuches ist allerdings beschränkt. Es konnten keine Wiederholungen gemacht werden, und der Versuch dauerte nur ein Jahr.

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Am häufigsten wird Piadin in Raps und Mais eingesetzt

In der Schweiz vertreibt die Landor Piadin. Verkaufsleiter Hansueli Schaufelberger schätzt, dass Piadin aktuell auf einer Fläche von rund 3000 Hektaren eingesetzt wird. «Besonders attraktiv ist der Einsatz im Raps oder Mais. Bei diesen Kulturen wird oft vor der Saat gegüllt, wann noch kein Stickstoff-Bedarf der Pflanzen da ist. Mit Piadin erreichen wir, dass der Stickstoff erst dann in Nitrat umgewandelt wird, wenn die Pflanzen dieses aufnehmen können», so Schaufelberger. Piadin wird aber auch in Getreide oder im Grünland eingesetzt.

Die Nachfrage nach Piadin sieht Schaufelberger als konstant an. Seiner Erfahrung nach ist das Produkt «beratungsintensiv», da viele Landwirte das Produkt noch nicht kennen würden. Am häufigsten werde Piadin der Gülle beigemischt, so Schaufelberger.

Technisch geht das ganz einfach über einen Schlauch, der an die Entlüftung beim Einfüllstutzen angeschlossen wird. So wird erreicht, dass beim Befüllen des Güllefasses kontinuierlich Piadin beigemischt wird, so dass sich der Wirkstoff gut verteilt. Es gibt aber auch die Möglichkeit, das Piadin über eine Dosieranlage einzuspeisen.

Besonders bei Gär-Gülle kann Piadin viel nützen

Piadin werde von Lohnunternehmern, aber auch den Landwirten selbst bezogen, so Schaufelberger von der Landor. «Besonders Betriebe mit viel anfallenden Hofdüngern nutzen Piadin. Es ermöglicht ihnen, grössere Güllegaben auf einmal auszubringen, ohne dass dabei Stickstoff verloren geht», erklärt der Verkaufsleiter. Speziell vorteilhaft kann der Einsatz von Piadin bei Gär-Gülle sein. Diese hat im Vergleich zu den meisten Hofdüngern hohe Ammoniumgehalte, weshalb eine Stabilisierung und eine gestaffelte Verfügbarkeit von Stickstoff besonders Sinn machen.

Obwohl Piadin einen Nutzen für die N-Effizienz und damit auch einen Umweltnutzen bringen kann, ist der Einsatz nicht beitragsberechtigt. Hansueli Schaufelberger dazu: «Damit die Landwirte Beiträge für den Einsatz von Piadin geltend machen könnten, müssten wir sehr aufwändige Versuche dazu durchführen.»

Piadin wird in 20 l, 200 l oder 1000 l Gebinden gehandelt. Der Preis pro Liter schwankt je nach Bezugsmengen zwischen Fr. 8.60/l und 6.50/l.

Hansueli Schaufelberger ist zuversichtlich, dass Piadin in Zukunft vermehrt zur Anwendung kommt. «Früher wurde Hofdünger oft als «Entsorgungsware» angeschaut. Das hat sich aber verbessert, Hofdünger wird vermehrt geschätzt und entsprechend auch gezielt eingesetzt», zeigt er sich erfreut.

Und er hofft, dass Piadin künftig vermehrt dabei hilft, die Kulturen möglichst effizient und effektiv mit Nährstoffen zu versorgen. Dass damit auch der Nitrat-Problematik entgegen gewirkt werden kann, könnte für die Zukunft ein wichtiger Vorteil sein.