Freiberger

Der Freiberger ist die letzte noch lebende Schweizer Pferderasse. Über die Zeit wurden immer wieder fremde Rassen eingekreuzt. Das hat den Freiberger zu dem vielfältigen, ruhigen und beliebten Pferd von heute gemacht.

Steckbrief

Gattung: Pferd (Equus)

Art: Hauspferd

lateinischer Name: Equus caballus

Rasse: Freiberger / Franches-Montagnes FM

Ursprung: Freiberge (Franches-Montagnes) JU

Beginn der Züchtung: kann bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgt werden

Gefährdungsstatus gemäss FAO: gefährdet (berücksichtigt werden u.a. Populationsgrösse und Anzahl männlicher/weiblicher Zuchttiere)

Masse

Widerristhöhe: 150 bis 160 cm (3-jährig)

Gewicht: 550 bis 650 kg

Typische äusserliche Merkmale

Mittelrahmiges, mittelschweres Pferd mit ausdrucksvollem Kopf auf einem muskulösen Hals. Meist braunes Fell, aber auch fuchsfarben. Kann weisse Abzeichen an Kopf und Beinen haben.

Leistungsdaten

Um für die Zucht selektiert zu werden, durchläuft ein Freiberger im Lauf seines Lebens verschiedene Leistungsprüfungen:

Fohlenschau

In ihrem ersten Lebensjahr werden die Freiberger an der Fohlenschau nach Typ, Körperbau und Gängen beurteilt.

Feldtest

Als 3-Jährige absolvieren die Freiberger den Feldtest:

  • Exterieurbeurteilung sowie lineare Beschreibung
  • Fahrprüfung
  • Reitprüfung

Aufgrund der Resultate wird jedes Tier einer Kategorie im Herdebuch zugeteilt.

Hengstkörung

Die jungen, potenziellen Zuchthengste werden einmal im Jahr bei der Hengstselektion in Glovelier JU gekört. Das heisst, eine Expertenkommission begutachtet die Freiberger und wählt die besten Anwärter aus. Diese dürfen auf dem Nationalgestüt in Avenches den Stationstest absolvieren.

Der Test dauert 40 Tage. Der Hengst wird angeritten und anschliessend sowohl im Fahren als auch im Reiten trainiert. Besteht er den Abschlusstest, ist er definitiv zum neuen Zuchthengst gekört.

Das zeichnet die Freiberger aus

Der Freiberger ist ein leichter Kaltblüter mit einem guten Charakter und ausgeglichenem, ruhigem Temperament. Die Rasse ist sehr vielseitig und die Tiere variieren zwischen kräftig-stämmig bis hin zu leicht-elegant.

Der Freiberger eignet sich als Familienpferd genauso wie als Arbeitstier. Denn der Freiberger ist auch arbeitswillig und physisch belastbar.

Die Geschichte der Freiberger

Die letzte Schweizer Pferderasse

Den einen Freiberger gibt es nicht. Innerhalb dieser Rasse gibt es eine erstaunliche Vielfalt: Vom stämmig-kräftigen Typ bis hin zum leichten Tier; mit braunem oder auch fuchsfarbenem Fell.

Der Freiberger gilt als letzte Schweizer Pferderasse. Die ehemals existierenden 18 anderen Rassen verschwanden nach und nach. Sie verschmolzen beispielsweise mit anderen Pferderassen. Ein Nischendasein hat die Rasse Einsiedler, die ebenfalls bis heute gezüchtet wird. Deren Population ist mit rund 50 Stuten jedoch sehr klein.

Napoleon dezimierte Schweizer Zucht

Diese Vielfalt innerhalb der Freiberger Population hat historische Gründe. Doch der Reihe nach: Der Freiberger stammt vom Jura-Pferd ab, das auf den Jura-Hochebenen seit Jahrhunderten gehalten und gezüchtet wurde. Zuerst dem Adel vorbehalten, entstanden um 1620 erste leichtere Schläge, welche die Postkutschen zogen.

Die Freiberger spielten in der Geschichte der Schweiz und auch derjenigen Europas eine nicht unbedeutende Rolle. Vor 200 Jahren liess zum Beispiel Napoleon junge und starke Freiberger beschlagnahmen und zog mit ihnen in den Krieg. Zurück blieben einige alter Klepper – die Schweizer Zucht wurde durch das französische Heer schwer dezimiert.

Einige Züchter konnten trotzdem Zuchttiere retten und nach und nach erholte sich die Population.

Warmblüter wurden eingekreuzt

In der Armee, in der Logistik, in der Landwirtschaft – möglich wurde die breite Nutzung des Freibergers durch eine breite genetische Vielfalt: Zwischen 1860 und 1890 importierte der Bund fast 200 Zuchthengste und Zuchtstuten, um die Schweizer Pferdezucht insbesondere im Jura zu verbessern.

Importiert wurden die Rassen NorfolkBretone, Halbblut, Englisches Vollblut und Anglo-Normanne. Die Warmblüter brachten neues Blut, reduzierten aber auch die Körpermasse der Freiberger und brachten leichtere Schläge hervor.

Das war nicht das letzte Mal in der Geschichte der Freiberger, dass verschiedene Rassen eingekreuzt wurden. Als beispielsweise Offiziere leichtere Pferde für den 2. Weltkrieg verlangten, wurden ein Anglo-Normanne und mehrere Araberhengste zur Zucht zugelassen.

Grundsätzlich entschloss sich die Schweiz jedoch ab 1900, Freiberger ohne fremden Rasseneinfluss zu züchten. Zu dem Zeitpunkt wurde das Nationalgestüt in Avenches eröffnet: Die Schweizer Pferderasse sollte gefördert, erforscht und züchterisch weitergebracht werden. Bis heute übernimmt das Gestüt diese Aufgabe.

Das Herdebuch der Rasse führt der Schweizerische FreibergerverbandSFV.

Fremdblut in der Population

Um die Einkreuzung fremder Rassen unter Kontrolle zu bringen, wurde entschieden, dass alle Tiere, die 1950 im Herdebuch eingetragen waren, als reinrassig gelten und somit einen Fremdblutanteil von 0 % haben.

1996 wurde die Interessengemeinschaft zur Erhaltung des Original Freiberger Pferdes IG OFM gegründet. Als «Original» darf ein Freiberger nicht mehr als 2 % Fremdblutanteil aufweisen. Im Herdebuch des SFV sind diese Tiere in der Kategorie «Basis» zusammengefasst.

Damit ist die Sache mit dem Fremdblut noch nicht abgeschlossen: 2008 wurde der Eidgenössische Verband des reinrassigen Freiberger Pferdes RRFB gegründet. Seine Mitglieder dulden kein fremdes Blut bei ihren Freibergern.

Diese Freiberger, die ungekreuzt aus dem Gen-Pool von 1950 stammen, sind im Herdebuch als «Urfreiberger» aufgeführt. 

Bestandesentwicklung

Der Bestand der Freiberger im Herdebuch hat in den letzten zehn Jahren kontinuierlich abgenommen. Insbesondere der Rückgang der Belegungen und folglich der Fohlengeburten ist im Hinblick auf die künftige Züchtungsgrundlage besorgniserregend.

Wie viele Freiberger insgesamt im Herdebuch sind, ist nicht klar, da auch Maultiere und Pferde, die aus FM-Kreuzungen mit anderen Rassen stammen (und daher nicht als FM anerkannt werden) gezählt werden. Die Anzahl Feldteste geben jedoch einen Anhaltspunkt dafür, wie viele 3-Jährige für das Herdebuch kategorisiert werden.

Links & Quellen

«die grüne»-Artikel:

  • Buchbesprechung: «Das Pferd – Geschichte, Biologie, Rassen» von Debbie Busby und Catrin Rutland