Braunköpfiges Fleischschaf
Das Braunköpfige Fleischschaf BFS ist eine vergleichsweise junge Rasse, die jedoch zu den vier wichtigsten Schweizer Schafrassen zählt. Das Fleisch ist von Bedeutung, während die Wolle zum Nebenprodukt wurde.
Steckbrief
Gattung: Schafe (Ovis)
Art: Wildschaf
Unterart: Hausschaf
lateinischer Name: Ovis gmelini aries
Rasse: Braunköpfiges Fleischschaf BFS
Ursprung: Schweiz, mit Grabs SG als bedeutender Zuchtregion
Beginn der Züchtung: Herdebuch seit 1919
Gefährdungsstatus gemäss FAO: nicht gefährdet (berücksichtigt werden u.a. Populationsgrösseund Anzahl männlicher/weiblicher Zuchttiere)
Masse
Widerristhöhe: 70 bis 85 cm (Aue), 80 bis 90 cm (Widder)
Gewicht: 80 bis 120 kg (Aue), 110 bis 160 kg (Widder)
Typische äusserliche Merkmale
Grossrahmiges Schaf mit breiter Brust und starken Beinen. Die Wolle ist reinfarbig weiss. Ohren, Nase, Augen und Beine sind teils mit dunklen Haaren bedeckt. Hornlos.
Leistungsdaten
Das Braunköpfige Fleischschaf BFS liefert, wie der Name schon sagt, in erster Linie Fleisch. Die Wolle hat indes an Bedeutung verloren.
Mastleistung
Geburtsgewicht Lämmer: 4,5 kg
Tageszunahmen Lämmer: 300 g
Schlachtreife: mit 42 kg Lebendgewicht
Reproduktionsleistung
Erstes Ablammen: mit 14 Monaten
Anzahl Lämmer: 1,7 pro Aue und Jahr
Wolle
Wolle: 4 bis 5,5 kg pro Jahr
Wollwachstum: 9 bis 10 cm pro Jahr
Das zeichnet diese Rasse aus
Das BFS hat ein ruhiges und zutrauliches Naturell. Es ist robust, hat ein starkes Fundament und ein dichtes Vlies und ist daher gut geeignet für z’Alp. Ausserdem verfügt die Rasse über eine gute Raufutterverwertung.
Das BFS ist eine fruchtbare Rasse, mit durchschnittlich 1,7 Lämmern pro Aue und Jahr. Die Auen werden saisonal, im Herbst, brünstig.
Die Geschichte des Braunköpfigen Fleischschafs
Begehrtes Schaffell
Schafwolle besteht zu 85 Prozent aus Luft. Und genau diese Luft isoliert die Schafe perfekt und hält sie warm: Denn die abgestrahlte Körperwärme füllt die Lufträume der Wolle auf und bleibt dort lange erhalten.
Das praktische Schaffell machten sich die Menschen früh zunutze. Wir könnten bei den Pfahlbauern mit der Geschichte beginnen. Wir überspringen jedoch 5000 Jahre und starten im 17. Jahrhundert. Damals gab es in der ganzen Schweiz verschiedenste Landschläge: Das Frutigerschaf, das Juraschaf oder das Visperschaf. Sie wurden hauptsächlich wegen ihres Fells gehalten. Die Wolle wurde für Kleidung, zum Düngen oder als Isolation von Häusern genutzt.
Das Braunköpfige Fleischschaf BFS hat ein dichtes Fell, das gleichmässig und rein weiss ist. Diese Wolle ist heute nicht mehr von grosser Bedeutung. Wie der Name schon sagt, wird das BFS in erster Linie wegen des Fleischs gezüchtet.
Merinos aus Spanien
Die Verschiebung von der Wolle zum Fleisch haben viele Schweizer Schafrassen durchlebt. Das hat historische Gründe: Als Philipp IV. von Spanien im Jahre 1621 den Thron bestieg, hob er das Exportverbot von Merinoschafen auf.
Schnell begannen auch andere europäische Staaten mit der Einfuhr von Merinoschafen – denn alle wollten die feine Wolle in ihre eigenen Rassenhineinbringen. Woll-Manufakturen waren dankbare Abnehmer des textilen Rohstoffes.
Australien und südamerikanische Länder importierten ebenfalls Merinoschafe. Unter idealen klimatischen Bedingungen produzierten sie grosse Mengen an Wolle, die sie nach Europa verkauften. Dort konnte die einheimische Produktion nicht mit der billigen Wolle aus Übersee mithalten.
Wolle verliert, Fleisch gewinnt
In der Folge verloren Wollschafe wie die Merino in der Schweiz an Beliebtheit. Stattdessen wurden vermehrt Fleischrassen importiert, um die Schafe fleischiger zu züchten. Dabei wurden insbesondere mit dem Oxfordshire-Schaf aus Grossbritannien Erfolge erzielt.
Die Erhaltung und Reinzucht der ursprünglichen Schweizer Schafrassen hatte also nicht oberste Priorität. Es ging vielmehr darum, die Schweizer Schafe zu verbessern. Dabei gingen einige Rassen verloren, so etwa das Frutigerschaf.
Andere Rassen wurden neu definiert. Darunter auch das Braunköpfige Fleischschaf, das anfangs des 20. Jahrhunderts erstmals gezüchtet wurde. Dieses Schaf stammt zur einen Hälfte vom Schwarzköpfigen Fleischschaf aus Deutschland ab. Die andere Hälfte kommt vom Grabser Schaf, das im Kanton St. Gallen gezüchtet und seinerseits mit Oxford-Schafen veredelt wurde. Entstanden ist dabei ein fleischiges, grossrahmiges und robustes Schaf.
Wüchsige Lämmer und gute Mütter
Seit 1956 kümmert sich der Zuchtverband des Braunköpfigen Fleischschafs um die Rasse. Der Verband legt zusammen mit dem Schweizerischen Schafzuchtverband die Rassestandards fest und erhält mit der Arbeit seiner ZüchterInnen das BFS. Unter anderem wird Wert gelegt auf wüchsige Lämmer und gute Mutter-Eigenschaften bei den Auen.
Das BFS ist also eine relativ junge Rasse, die von verschiedenen bedeutenden Rassen abstammt. Bis heute werden Schwarzköpfige Fleischschafe und Oxford-Schafe zur Veredelungszucht eingesetzt. Nichtsdestotrotz ist das BFS heute eigenständig und eine der vier wichtigsten Schweizer Schafrassen.
Bestandesentwicklung
In den letzten zehn Jahren hat der Herdebuch-Bestand des Braunköpfigen Fleischschafs kontinuierlich abgenommen. Im Vergleich zu 2013 (10'306 Tiere) hat sich der Bestand 2022 mit 5905 Tieren halbiert.
Anderen Schafrassen ergeht es ähnlich. So halbierte sich auch der Bestand des Weissen Alpenschafs, welches heute noch knapp 14'500 Tiere im Herdebuch führt. Über alle Rassen gesehen konnte das BFS seinen Anteil beinahe halten und ist heute mit rund 13 % der Tiere im Herdebuch des Schweizerischen Schafzuchtverbands vertreten.
Links & Quellen
- Schweizer Zuchtverband des braunköpfigen Fleischschafs
- Schafzuchtverein Grabs
- Kurzer Abriss der Geschichte der schweiz. Schafzucht, O. Pitsch (1939). Schweizer Archiv für Tierheilkunde SAT: die Fachzeitschrift für TierärztInnen. 81 (343-351)
- Bundesamt für Landwirtschaft: Tierzucht und tiergenetische Ressourcen
- Farbatlas Nutztierrassen. Hans Hinrich Sambraus. Ulmer Verlag, 8. Auflage 2016. ISBN 978-3-8001-1296-8
«die grüne»-Artikel:
- Buchbesprechung: «Schafgeschichte & Lammgerichte» von Christian Gazzarin