Kurz & bündig

- Familie Duperrex liess erstmals eine RISE-Analyse durchführen. Diese ermöglicht einen gesamtbetrieblichen Blick von aussen in ökonomischen, ökologischen und sozialen Punkten.
- Die Ergebnisse waren erfreulich und erstaunlich – und bieten Denkanstösse sowie konkrete umsetzbare Massnahmen.
- Die Datenbereitsstellung für die Analyse ist je nach Betrieb etwas aufwändiger. Trotzdem kann die Analyse neue Wege für die Zukunft eröffnen.

Alle sitzen versammelt an einem Tisch im Stöckweid-Eventraum, während die Resultate der RISE-Analyse präsentiert werden. Im ersten Moment sorgen die Ergebnisse für Erstaunen bei den Stöckweid-Betriebsleitern Serge und Jean-Jacques Duperrex. Wieso sind zum Beispiel die Werte für «Energie und Klima» so tief, trotz Solaranlage, Wärmetauscher zur Kühlung der Milch und Heubelüftung mittels Warmluft vom Dach?

Das Nachhaltigkeitsteam der HAFL Zollikofen hat bei Familie Duperrex eine RISE-Analyse durchgeführt. Diese Methode dient zur Analyse der Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Produktion eines Betriebes. Dabei werden nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische und soziale Aspekte berücksichtigt (siehe Kasten «Was ist RISE?»).

Zur Erstellung der RISE-Analyse wurden diverse Betriebsdaten aus dem Jahr 2021 benötigt wie Grössenangaben zum Betrieb, Buchhaltung, Suisse Bilanz, Feldkalender, Energieverbrauch, Arbeitszeit sowie Angaben zu Betriebsführung und Lebensqualität.

Ein Teil der Datenerhebung fand direkt auf dem Betrieb statt. Dazu kam Christian Thalmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HAFL, mit der Projektmitarbeiterin Noëmi Elmiger während eines Tages auf den Betrieb. Die Betriebsdaten wurden zusammen mit Serge und Jean-Jacques Duperrex erhoben und direkt in die RISE-Software eingetragen.

Die Indikatoren wurden danach von Noëmi Elmiger berechnet und in einem Bericht erläutert. Anschliessend wurden die Resultate in einem Feedbackgespräch mit Duperrex’ vorgestellt und diskutiert.

Überall im grünen Bereichausser bei Energie und Arbeitszeit

Grundsätzlich steht der Betrieb von Duperrex ziemlich gut da. Fast überall liegen die Resultate im grünen Bereich (siehe Nachhaltigkeits-Polygon). Einzig bei den Themen «Arbeitszeit» und «Energie und Klima» gab es Ausschläge in den gelben, respektive roten Bereich.

Wenn man dem tief bewerteten Resultat von «Energie und Klima» etwas auf den Grund geht, ist ersichtlich, dass der Energieverbrauch (hauptsächlich Strom und Diesel) auf dem Betrieb deutlich höher liegt als bei einem Schweizer Durchschnittsbetrieb mit Milchvieh und Ackerbau in der Talregion: Da stehen 17 000 MJ/ha gegenüber 9000 MJ/ha. Das, obwohl bereits eine Solaranlage auf dem Stalldach installiert ist.

Der Solarstrom wird dem Betrieb jedoch nicht angerechnet, weil er aktuell noch ins Netz eingespeist und nicht selbst verbraucht wird. Ab nächstem Jahr soll der Strombedarf praktisch vollständig mit der Solaranlage gedeckt werden. Dies würde sich dann positiv auf die Analyseresultate auswirken.

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Nebst dem hohen Stromverbrauch, beispielsweise wegen des Melkroboters, wurde der Dieselverbrauch als hoch beurteilt. Der Betrieb von Duperrex ist gut mechanisiert und die Flächen werden intensiv bewirtschaftet. Daher ist der Energieverbrauch pro Fläche vergleichsweise hoch. «Das Resultat zeigt aber auch die grosse Abhängigkeit von fossilen Energieträgern», erklärt Christian Thalmann.

Würde man den Energieverbrauch auf die Erntemenge berechnen, wäre dieser möglicherweise tiefer als bei einem extensiveren Betrieb, der weniger Ertrag pro Fläche erzielt. Dies zu berechnen wäre aber sehr aufwändig, da die verbrauchte Energie den einzelnen Agrarprodukten zugeordnet werden müsste.

Um den Energieverbrauch zu verringern, wurde diskutiert, eine detailliertere Analyse des Energiespar-potenzials durchzuführen, als dies mit der RISE-Analyse möglich ist. Duperrex' möchten im Moment aber lieber auf Energieproduktion setzen als Energiesparen – dies beispielsweise mit dem Bau einer Biogasanlage in der Güllegrube.

Tierintensive Betriebe schneiden schlechter ab

Rund 75 % der Treibhausgasemissionen stammen bei Duperrex aus der Tierhaltung und 25 % vom Ackerbau. Fakt ist, tierintensive Betriebe schneiden generell schlechter ab in der Treib-hausgasbilanz, weil diese mehr Emissionen generieren. Bei Familie Duperrex stammt ein Grossteil der Treibhaus-gase von den Methanemissionen der Wiederkäuer. Diese Werte fliessen ebenfalls in das Thema «Energie & Klima». Beim Ackerbau ist vor allem der Diesel- und Mineraldüngerverbrauch für Emissionen verantwortlich.

Zu viele Arbeitsstunden oder zu tiefer Lohn?

Beim Thema Arbeitsbedingungen ist das Resultat im Vergleich zu anderen Themen etwas tiefer. Ausschlaggebend dafür ist vorwiegend die hohe Arbeitszeit der Betriebsleiter. Auf 71,5 Stunden pro Woche wurde der Arbeitsaufwand der Familienarbeitskräfte geschätzt.

Dies ergab einen durchschnittlichen Stundenlohn von 13.50 Franken. «Ich bin eigentlich zufrieden mit dem Stundenlohn. In der Betriebsleiterschule hatten einige Betriebe bei der Vollkostenrechnung einen Stundenlohn von nur fünf bis sechs Franken», findet Serge Duperrex.

Eine Verbesserungsmöglichkeit wäre die Reduzierung der Arbeitsstunden. «Aber was ist Arbeit und was ist Hobby? Wie differenziert man das? Viele Stunden macht man, ohne dass die Arbeit ertragsrelevant ist, wie beispielsweise die Waldrandpflege», überlegt sich Jean-Jacques Duperrex.

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Grundsätzlich sind Duperrex’ zufrieden mit der Arbeit. Sie geben aber zu, dass sie zu wenig Freizeit haben. «Das wird wichtig, wenn bei Faye und mir Familie ein Thema wird», ergänzt Serge Duperrex.

Die Familie Duperrex hat bereits eine zusätzliche Arbeitskraft angestellt zur Arbeitsreduktion, aber in dieser Zeit wurden die Hagelschäden am Stall und der Solaranlage repariert. Das war zusätzlicher Arbeitsaufwand, weshalb die Arbeitszeit der Familienangehörigen nur wenig abgenommen hat.

Im Zusammenhang mit den Arbeitsbedingungen wird aber insgesamt das Personalmanagement positiv bewertet. Der Lehrling hat geregelte Arbeitszeiten, der Stundenlohn der Angestellten entspricht den gesetzlichen Vorgaben und in etwa den von RISE definierten Mindestanforderungen.

Was bringt die RISE-Analyse dem Stöckweid-Team?

«Es ist gut, einmal eine externe Bewertung zu haben wegen der Betriebsblindheit. So kann man sich Gedanken machen, was man verbessern möchte», meint Jean-Jacques Duperrex.

«RISE macht eine gesamtbetriebliche Analyse, wobei die Betriebsdaten von einem standardisierten Programm ausgewertet und anschliessend gemeinsam diskutiert werden. Das gefällt mir daran. Landwirtschaftliche Berater bringen oft lediglich ihre persönliche Meinung ein», erklärt Serge Duperrex.

Was setzen Duperrex’ von der Analyse nun um?

Im Feedbackgespräch wurden diverse Ideen für mögliche Verbesserungsmassnahmen auf Kärtchen notiert und gemeinsam diskutiert. Diese wurden von Serge und Jean-Jacques Duperrex anschliessend auf einem Zeitstrahl priorisiert.

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Das Energiethema wurde von Duperrex’ mit hoher Priorität eingestuft. Sie wollen als Erstes abklären, ob die Installierung einer Biogasanlage in der Güllegrube möglich ist. Dabei könnte auch gleich die Güllelager-kapazität erhöht werden. Ein weiterer wichtiger Punkt, der sich im Gespräch herauskristallisierte,ist die Klärung der Wohnsituation für die jüngere und ältere Generation. Da sind Duperrex’ bereits in Begleitung einer Beratung.

Was den Betriebsleitern im Gespräch noch etwas mehr bewusst wurde, ist die hohe Arbeitsbelastung. Hier wäre geplant, sich mehr Zeit für die Familie einzuräumen, indem zusätzliche Arbeitskräfte angestellt werden. Ohne Selbstbeschränkung könnte das aber schwierig werden bei den vielen Projekten, die auf dem Betrieb noch anstehen.

«Der Aufwand ist nicht zu unterschätzen»

Grundsätzlich sind Duperrex’ zufrieden mit dem Ergebnis der RISE-Analyse. «Ich würde es jedem empfehlen, eine RISE-Analyse zu machen. Es öffnet die Augen, weil man mal einen Blick von aussen auf den Betrieb erhält», meint Jean-Jacques Duperrex. «Ich würde den Aufwand nicht unterschätzen. Es braucht einen ganzen Tag zur Informationsbeschaffung, Fragen müssen beantwortet und Dokumente nachgeliefert werden. Das ist trocken und intensiv. Daher plane ich nicht, die Analyse ein zweites Mal zu machen. Aber die Ergebnisse waren schliesslich interessant und es hat sich gelohnt», sagt Serge Duperrex.

«Der Aufwand war bei diesem Betrieb in der Tat relativ gross, weil der Betrieb recht komplex ist und viele Informationen nachgefragt werden mussten», erklärt Christian Thalmann.

Zum Schluss ergänzt Christian Thalmann: «Wenn ich mit euch spreche, ist mir aufgefallen, dass ihr sehr positiv eingestellt seid und einen guten Umgang miteinander pflegt, trotz Konfliktpotenzial auf dem Hof. Ihr habt eure Meinung, aber seid auch offen für Kritik und setzt Massnahmen zur Verbesserung um.»

«Ich denke, wenn man keine positive Einstellung hat, geht der Betrieb nicht mehr vorwärts. Und manchmal muss man aus der Not heraus auch einfach etwas wagen und ausprobieren. Man kann nicht immer alles durchrechnen», antwortet Jean-Jacques Duperrex.

Ein Jahr lang «Stöckweid»

Im Herbst 2021 besuchte das Team von «die grüne» zum ersten Mal die Stöckweid. Zwanzig spannende Betriebe hatten sich auf unseren Aufruf gemeldet, sich ein Jahr lang begleiten zu lassen. Die Wahl fiel auf den Betrieb der Familie Duperrex. Weil der Betrieb vielfältig ist, weil er mitten in der Hofübergabe steckt und mit Spezialkulturen Einblicke bietet, die nicht alltäglich sind. Nach zwölf Reportagen finden wir: Eigentlich könnten wir noch ein weiteres Jahr über die Stöckweid berichten, weil längst nicht alles gesagt ist. Dennoch setzen wir mit diesem Beitrag einen Schlusspunkt.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Familie Duperrex für ihre Offenheit und all die Zeit, die sich Maya, Jean-Jacques, Serge und das ganze Team genommen haben, um uns von ihrem Alltag zu erzählen!

Was ist RISE?

Response-Inducing Sustainability Evaluation
RISE ist eine indikatorbasierte Methode zur ganzheitlichen Analyse der Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Produktion auf Betriebsebene. Dabei wird die ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit anhand von den folgenden zehn Themen erfasst und bewertet.

- ​Bodennutzung
- Tierhaltung
- Materialeinsatz & Umweltschutz
- Wassernutzung
- Energie & Klima
- Biodiversität
- Arbeitsbedingungen
- Lebensqualität
- Wirtschaftlichkeit
- Betriebsführung

Jedes dieser Themen wird in mehrere Teilthemen unterteilt.

Datenerhebung
Die Datenerhebung findet zu einem Teil direkt auf dem Betrieb statt.
Mittels der RISE-Software werden die Daten und Informationen von einer Beratungsperson mit der betriebsleitenden Person zusammen erfasst und eingetragen. Anschliessend erfolgt die Berechnung der RISE-Indikatoren und -Themen. Das Resultat, also der Themenwert ist schliesslich der Durchschnitt mehrerer Teilwerte, bzw. Indikatoren. Die Werte vom Betrieb werden mit hinterlegten Referenzwerten verglichen und mit einer Skala von 1 bis 100 bewertet.Die Analyse bezieht sich immer auf ein Kalender- oder Landwirtschaftsjahr.

Resultate
Die zehn Themenwerte werden in einem Nachhaltigkeits-Polygon abgebildet. Das dient zur Übersicht, wie der Betrieb insgesamt dasteht. Die Resultate werden von der RISE-Beratungsperson analysiert und mit der betriebsleitenden Person zusammen in einem Feedbackgespräch diskutiert. Anhand der Teilwerte kann aufgeschlüsselt werden, in welchen Bereichen noch Verbesserungspotenzial besteht. Danach werden gemeinsam Verbesserungsvorschläge aus-gearbeitet und diskutiert, welche Massnahmen schliesslich konkret umgesetzt werden könnten.

Vergleich weltweit möglich
Seit dem Jahr 2000 wurde bei über 4500 Betrieben in 62 Ländern eine RISE-Analyse durchgeführt. Durch die standardisierte Methode können sämtliche analysierte Betriebe miteinander verglichen werden.

Durchführung und Kosten
Jeder Betrieb kann eine RISE-Analyse durchführen lassen. Es ist möglich, ein paar Jahre später eine zweite Analyse zu machen, um die Auswirkungen der umgesetzten Massnahmen zu sehen. Die Kosten betragen 800 Franken (inkl. MwSt.; zuzüglich Reisespesen) für eine beschränkte Anzahl Betriebe.

 

Betriebsspiegel Stöckweid

Serge und Jean-Jacques Duperrex, Maya Duperrex, Knonau ZH

LN: 51,3 ha plus 2,8 ha Wald
Kulturen: Silomais, Winterweizen, Wintergerste, Urdinkel, Kunstwiesen, Kürbis, Spargel, Streuwiesen
Tierbestand: 57 Milchkühe (H, RH, Brown Swiss), 10 bis 20 Aufzucht- und Mastkälber
Weitere Betriebszweige: Lohnarbeiten (Silieren, Mähen, Saaten), Direktvermarktung mit Hofladen, Hofgastronomie, Solaranlage, 1. August-Brunch
Arbeitskräfte: Jean-Jacques, Maya und Serge Duperrex, Lehrling Jan Burkard (50 %), Kati Fábián (März bis November), Chantal Arnold (20 %), diverse Aushilfen und Tagelöhner

www.stoeckweid.ch