Kurz & bündig

- Martin Streit (Inforama Rütti und Forum Ackerbau) rät, die Anbaumethoden nach Möglichkeit mit den Anforderungen des Marktes zu kombinieren.
- Die Versuche des Forums Ackerbau sollen einen konkreten Nutzen für die Produzenten bringen und aufzeigen, wie sich Schwierigkeiten lösen lassen.
- Streit zeigt sich überzeugt, dass sich mit einer angepassten Fruchtfolge viele Probleme vermeiden lassen.

Wie entscheidet sich ein Landwirt für eine bestimmte Anbaumethode? Martin Streit, Lehrer und Berater am Inforama Rütti (Zollikofen BE) und fürs Forum Ackerbau tätig, rät Betrieben dazu, genau anzuschauen, welche Bedingungen sie für welche Produktionssystembeiträge bereits erfüllen.

«Bewirtschaftet jemand sowieso schon die Hälfte seiner Ackerfläche pfluglos, lohnt es sich zu prüfen, ob diese Fläche auch auf 60 Prozent ausgedehnt werden kann. Das berechtigt dann zu den Beiträgen für bodenschonende Bearbeitung.»

Beiträge federn Risikenbestimmter Methoden ab

Streit sagt, dass die Produktionssystembeiträge zwar gewisse Risiken abfedern. Dennoch: «Beim Raps etwa liegt der Preis pro Dezitonne bei über 100 Franken. Die 250 Franken pro Hektare, die es an Beiträgen gibt, sind rasch weg, wenn der Ertrag geringer wird.»

Sinnvoll sei unbedingt, die Anbaumethode nach Möglichkeit mit den Anforderungen des Marktes zu kombinieren: Bei Weizen beispielsweise mit den Prämien, die IP-Suisse für Extenso und den herbizidfreien Anbau zahlt.

Streit findet eine Auslegeordnung sinnvoll, für die auch ein Berater hinzugezogen werden kann. «Die landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungszentren sind hierbei ideale Anlaufstellen und stehen gerne beratend zur Seite.»

Dabei pocht Streit darauf, dass «lohnen» nicht unbedingt bedeuten muss, den höchstmöglichen Ertrag zu erzeugen. Sondern, dass Kosten und Ertrag einander gegenüber gestellt werden und sich Landwirte gut überlegen, was sie an Ressourcen in eine Kultur stecken und was herauskommt.

Sinkt durch eine reduzierte Bodenbearbeitung das Ertragspotential, muss auch die Düngung und der Pflanzenschutz entsprechend angepasst werden, um auch nicht an Effizienz einzubüssen.

Mehr Aufwand und viele Unsicherheiten durch die politische Situation

Die aktuelle politische Situation bringt für Landwirte mehr Aufwand: Die Pa.Iv. 19.475 bringt viele Unsicherheiten mit sich. Vor allem die unklaren Rahmenbedingungen im Herbst 2022 verunmöglichten eine vorausschauende Planung.

Die Zielkonflikte und die Ansprüche von Abnehmern und KonsumentInnen werden aber in den nächsten Jahren sicher nicht kleiner, ist Streit überzeugt.

Aktuell läuft zum Beispiel ein Versuch, der den Anbau von Mais nach Kunstwiese mit Mulchsaat (ohne Glyphosat) mit Pflugsaat vergleicht. Bei der Mulchsaat wird mit einer Schälfräse gearbeitet. Dabei zeigt sich bis jetzt: Die Resultate sind beim Pflug zwar etwas konstanter, die Erträge aber nicht per se höher. Im Schnitt sind beide Verfahren etwa auf dem gleichen Niveau.

«Die Unterschiede sind, über alle Standorte gesehen, nicht signifikant, schwanken jedoch in den einzelnen Jahren auf Grund der unterschiedlichen Bedingungen», sagt Streit. Wenn das Gras nach der Bearbeitung mit der Schälfräse wegen Regen doch wieder anwachse, konkurriere es den Mais und könne zu einem deutlichen Minderertrag führen.

Forum Ackerbau

Das Forum Ackerbau ist ein Zusammenschluss von Ackerbau-Fachleuten der landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungszentren und arbeitet mit verschiedenen Partnern zusammen. Die Mitglieder legen gemeinsam Ackerbauversuche an, um fundierte Informationen für die Berufsbildung, Weiterbildung und Beratung von Landwirten zu gewinnen.

Die Versuchsthemen erstrecken sich über Fragen rund um Produktionstechnik, Sorten, Düngung und Pflanzenschutz im Ackerbau. Mit den Erkenntnissen wollen sie die Wirtschaftlichkeit des Ackerbaus zu stärken.

Das Forum Ackerbau versteht sich als Bindeglied zwischen Praxis und anwendungsorientierter Forschung im Ackerbau und pflegt die Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Organisationen (Branchenorganisationen, Saatgutvermehrung und -handel). Deshalb sollen die Versuche, die das Forum Ackerbau durchführt, konkreten Nutzen für die ProduzentInnen bringen.

Mit der richtigen Fruchtfolge ist vieles möglich

In den Versuchen zu Herbizidverzicht zeige sich, dass die chemische Behandlung zwar ein wenig sicherer sei, aber die Unterschiede zum herbizidlosen Anbau nicht riesig sind. «Es kommt auf die Fruchtfolge an. So reduzieren mehrjährige Kunstwiesen und der konsequente Wechsel zwischen Herbst und Sommerkulturen den Unkrautdruck massiv», sagt Streit.

Eine Kunstwiese ohne Herbizide zu beseitigen sei möglich, aber herausfordernd. Streit sagt, dass ein pflugloser Anbau nach Getreide hingegen nur mit geringen Risiken verbunden sei. «Bei Direktsaat ist es dagegen kaum möglich komplett auf Herbizide zu verzichten, da keine Möglichkeit besteht, mit einer Bodenbearbeitung Unkräuter und Begrünungen zu beseitigen.»

Auch wenn Streit die Nachteile des Pflugs für die Bodenstruktur und die Bodenlebewesen sieht: Ein Auslaufmodell ist er nicht. «Wenn in der Tendenz auf Chemie verzichtet wird, nimmt der Pflug eine wichtige Rolle ein.»

Er spricht damit auch den Krankheitsdruck an: Wer nach Mais Weizen anbauen will, kommt gemäss Streit kaum darum herum, den Pflug einzusetzen. «Das senkt das Fusarien-Risiko am besten.» Zwar sei es erlaubt, ein Fungizid während der Blüte zu spritzen, nach Möglichkeit sollte darauf aber verzichtet werden.

Schnecken können bei Mulch- und Direktsaat zum Problem werden, weil sie das feuchte Milieu mögen und sich in den Rückständen gut verstecken können.

Die Kosten der Anbaumethoden im Auge behalten und vorausdenken

Nach Rapsanbau hingegen ist der Pflug sogar kontraproduktiv: Dabei werden die Samen des Ausfallraps untergepflügt. «Das gibt in den Folgejahren Problem mit Durchwuchs, sobald der Boden wieder bewegt wird», sagt Streit.

Generell ist Streit überzeugt, dass eine angepasste Fruchtfolge viele Probleme lösen kann. «Landwirte müssen vorausdenken, um Problemen vorzubeugen. Beheben ist immer die zweitschönste Lösung.»

«Stolpersteine zeigen und erklären, wie sie sich aus dem Weg räumen lassen.»

Martin Streit, Forum Ackerbau

Dabei gelte es gemäss Streit stets, die Kosten im Blick zu haben und Vergleiche über mehrere Jahre anzustellen. «Ackerbohnen oder Eiweisserbsen sind zum Beispiel vom Preis her weniger interessant als anderer Kulturen. Dafür lockern sie die Fruchtfolge auf und bringen Stickstoff in eine Fruchtfolge – das wird dann wieder interessant.»

Mit seinen Versuchen kann das Forum Ackerbau gewisse Risiken eingehen – um dann den Landwirten aufzuzeigen, ob sich diese lohnen oder ob sie gar nicht so gross sind, wie zuerst angenommen.

«Mehr wagen, die Augen weit offen halten und kritisch bleiben»

Streit will die Produzenten ermuntern, sich Gedanken zu machen und auch mal etwas auszuprobieren: «Das muss ja nicht heissen, dass jemand gleich in eine Maschine investiert und die ganze Fläche nach einer neuen Methode bearbeitet.»

Sinnvoll könne sein, eine Maschine zu mieten, eine Methode auf einer kleinen Fläche zu testen oder mit einem Lohnunternehmer zu arbeiten.

Dabei gelte es, nicht zu ideologisch zu werden. Er findet es toll, dass dank Strömungen wie der regenerativen Landwirtschaft Bauern wieder mehr wagen. Es bestehe aber die Gefahr von Scheuklappen. «Kritisch bleiben, die Augen weit offen halten und abwägen», rät Streit.

Was sich zuerst ändert, wenn ein Verfahren wechselt,ist ganz unterschiedlich

Die Frage, was sich bei einer Änderung des Verfahrens als Erstes ändert, findet Streit schwierig: «Jede Pflanze läuft anders auf.»

Sicher sei es für den Boden besser, wenn er nur reduziert bearbeitet wird. «Doch oft muss sich das System zuerst einpendeln, das kann zu Beginn auch zu Ertragsdepressionen führen.»

Innerhalb der Branche austauschen ist wichtig

Über Anbaumethoden informieren können sich Landwirte etwa an Flurbegehungen, an Weiterbildungsveranstaltungen oder in Arbeitskreisen mit Berufskollegen. Den Austausch innerhalb der Branche findet Streit wichtig.

Denn keiner der Versuche lasse sich Eins-zu-Eins auf einen anderen Betrieb umwälzen, es gebe so viele Unterschiede wie Betriebe in der Schweiz. Mit den Versuchen kann das Forum Ackerbau aber auch Stolpersteine aufzeigen und vor allem, wie sich diese aus dem Weg räumen lassen.

Entscheiden muss am Ende aber jeder selbst. Denn eine Aussage, welche Methode die beste Qualität und die höchsten Erträge bringt, kann und will Streit nicht machen: «Jeder Betrieb hat eigene Bedingungen, es kommt auf die Witterung und auf die Vorkultur an.»

Zur Person

Martin Streit (30) ist Lehrer und Berater für Ackerbau am Inforama Rütti (Zollikofen BE). Er vertritt seit 2019 das Inforama im «Forum Ackerbau». Daneben führt er einen Betrieb in Neuenegg BE. Streit hält Mutterkühe, betreibt Ackerbau und ist daran, den Betrieb auf Bio umzustellen.