Kurz & bündig
- Bei Bernhard Steiger sorgt die Unterflur-Lüftung für ausgeglichene Temperaturen im Schweinestall.
- Im Sommer kombiniert der Landwirt das Lüftungssystem mit Cool Pads. Diese entziehen der Aussenluft zusätzlich Wärme.
- Das Stallklima bleibt bei sommerlichen Temperaturen angenehm kühl, ohne dass dabei Luftzug herrscht.
- Die Tiere sind dadurch von der Hitze nicht gestresst, würden weniger Schwanz beissen und seien gesünder, sagt Steiger.

Draussen ist es heiss und leicht schwül. Später am Tag wird es noch ein Gewitter geben. Ein Wetter, das müde und träge macht.

Nicht so bei den Schweinen im Stall von Bernhard Steiger, in Büron LU. Die Galtsauen kommen neugierig angetrabt, die Ferkel sind munter am Saugen und die Jager sehen quietschfidel aus.

Der Boden gleicht Temperaturen aus – im Sommer und Winter

Im Stall herrschen angenehme 17 bis 19 Grad. Dies dank einer guten Wärmedämmung und eines durchdachten Lüftungssystems. Die kühle Luft kommt aus dem Boden, mittels Unterflur-Lüftung. Unter dem gesamten Stall, auf einer Länge von 70 Metern, befindet sich ein Hohlraum. Auf der Nordseite des Stalls befindet sich die Öffnung zum Hohlraum, zugedeckt mit einem Gitterrost.

Die hereinströmende Luft wird vom Boden temperiert: Im Sommer wird sie abgekühlt, im Winter erwärmt. «Der Boden gleicht die grossen Temperaturschwankungen aus», erklärt Bernhard Steiger.

Im Stallgebäude herrscht Unterdruck. Im Abferkelstall strömt die Luft aus dem Boden durch dreieckige Schächte in den Stall. Die Schächte sind etwa einen Meter gross und sind in die Schweinebucht integriert.

Dreieckig sind die Ausgänge aus zwei Gründen: Die Luft fliesst im Spitz am schnellsten, schwappt über den Schachtrand hinaus und sinkt zu Boden – ohne dass die Schweine Zugluft spüren, «das mögen sie nämlich gar nicht und es ist nicht gesund für sie», sagt Steiger.

Der zweite Grund kommt Steiger persönlich zugute. Die dreieckige Form bietet nämlich keine Ecke, in welche die Schweine koten können. Das Putzen der Buchten ist so einfacher.

Betriebsspiegel Tannenhof
Bernhard und Barbara Steiger mit Kindern, Büron LU

LN: 26 ha
Kulturen: 16 ha Kunstwiese, 10 ha offene Ackerfläche
Tierbestand: 112 Zuchtsauen, 500 Jagerplätze, 24 Remonten-plätze (Fremd-Remontierung)
Weitere Betriebszweige: Milchwirtschaft
Arbeitskräfte: Bernhard Steiger, 1 bis 2 Lehrlinge, Mithilfe Vater

Für jede Schweinegruppe die passende Lüftung

Im Jagerstall passen solche Schächte am Boden nicht gut in die Buchten. Stattdessen wird die Luft via Schacht an die Decke geleitet. Dort tritt sie aus Luken aus, strömt der Decke nach und sinkt dann der Wand entlang nach unten.

Die Galtsauen wiederum sind nicht am Unterflur-Lüftungssystem angeschlossen, sondern haben ein eigenes System, das insbesondere im Winter für die Frischluftzufuhr gebraucht wird. Im Sommer kühlen die Tiere im Auslauf ab. Bernhard Steiger hat dort zum Schutz vor Sonne und Hitze Schattennetze aufgespannt. Mittels Zeitschaltuhr werden Sprinkler gestartet und wieder abgestellt – eine Abkühlung, die den Sauen sichtlich gefällt.

Im Winter kehrt sich die Aufgabe des Bodens um: Dann wärmt die Unterflur-Lüftung die kalte Aussenluft auf. «Die Ferkelnester sind per Deckenstrahler geheizt. Bei den Jagern und Galtsauen läuft die Bodenheizung. Abgesehen davon heize ich nicht», so Steiger.

Zellulose-Waben für zusätzliche Kühlung der Luft

Der Winter sei nicht das Problem: «Wir haben die grösseren Schwierigkeiten mit der Hitze. Das wird sicherlich künftig noch zunehmen», sagt Bernhard Steiger.

Die Unterflur-Lüftung könne im Sommer nicht genügend kühlen, bemerkte Steiger: «Im Boden sinkt die Lufttemperatur um 5 bis 6 Grad. Nach einer heissen Woche hockt die Hitze schliesslich doch im Stall.» Deshalb hat der Landwirt das Lüftungssystem mit Cool Pads ergänzt. [IMG 3]

Cool Pads bestehen aus Zellulose. Diese bildet eine rund 15 cm dicke Schicht, die ein bisschen aussieht wie Bienenwaben. Über diese Waben rieselt kontinuierlich Wasser. Unten angekommen, wird das Wasser wieder nach oben gepumpt. Die warme Luft strömt durch diese Waben. Die Wärme führt dazu, dass das Wasser auf der grossen Oberfläche der Waben verdunstet. Dabei wird Energie und damit Wärme von der Luft an das Wasser abgegeben. Die Luft kühlt sich dabei ab.

Zwei Mal 18'000 Kubik kühle Luft pro Stunde

Die gekühlte Luft wird mit einem Ventilator in den Hohlraum unter den Stall geblasen und vermag den Stall und die Schweine genügend zu kühlen. Das Modell von Bernhard Steiger vermag in der Stunde 18'000 Kubik Luft abzukühlen.

Steiger hat gleich zwei dieser «Waben in Kisten». Sobald die Aussentemperaturen über 24 Grad steigen, schaltet die Kühlung automatisch ein.

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Im Stall führen die kühleren Temperaturen dazu, dass weniger Ammoniak gebildet wird. Denn das Enzym Urease arbeitet bei kühleren Temperaturen weniger effizient. Und die Urease ist es, die den Harnstoff in Ammoniak und CO2 aufspaltet. Bei tieferen Temperaturen wird also weniger Ammoniak freigesetzt. Die tieferen Emissionen verbessern die Luftqualität weiter – ein willkommener Nebeneffekt der Kühlung.

Wie Lüftungsfirmen auf ihren Websites schreiben, ist ein weiterer Vorteil der Cool Pads die Regulierung der Luftfeuchtigkeit. Ist die Luftfeuchtigkeit zu tief, können die Atemwege der Schweine austrocknen. Die Gefahr für sekundäre Erkrankungen steigt. Nach dem Durchströmen der Cool Pads gelange die Luft mit rund 60 bis 80 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit in den Stall – optimal für die Tiergesundheit (siehe Kasten).

Cool Pads: Wartungsarbeiten halten sich in Grenzen

Die Lüftung bauten Steigers beim Stallneubau 2015/16 ein. Ursprünglich wollte Bernhard Steiger den alten Stall umbauen. Doch als sie mit der Planung begannen, stellte sich heraus: Wenn richtig, dann besser gleich von Grund auf neu. So war es auch möglich, den Neubau zu unterhöhlen und die Unterflur-Lüftung zu realisieren.

Bernhard Steiger wollte mit dem Neubau insbesondere das Tierwohl steigern: «Der alte Stall stammte noch aus den 1970er-Jahren und war lüftungstechnisch längst nicht mehr auf der Höhe. Im Sommer war es für die Schweine zu heiss. Sie waren richtig gestresst», erinnert sich Steiger.

Die Unterflur-Lüftung ist ein teures System. Einen bestehenden Stall damit nachzurüsten, ist schwierig. Das System eignet sich daher insbesondere bei Neubauten. Es habe sich sehr gelohnt, der Lüftung besondere Beachtung zu schenken und diese mit Lüftungsspezialisten zu planen, meint Bernhard Steiger rückblickend.

Die Cool Pads kosteten zusätzlich 3500 Franken pro Kiste. Steiger hat zwei davon. Nebst der Anfangsinvestition kommen keine hohen laufenden Kosten hinzu, meint Steiger. Der Stromverbrauch der Cool Pads befinde sich bei einer Leistung von 0,85 kW (Ventilator und Pumpe) im Rahmen. Wasser, das günstig sei, brauche er rund 300 Liter am Tag.

Und die Wartungsarbeiten? Die hielten sich in Grenzen, erklärt Bernhard Steiger: «Ich entkalke die Pumpe und die Leitungen. Im Herbst lasse ich die Zellulose-Waben trocknen, lege zum Schutz ein Plastik drüber und stelle sie weg, damit sie vor der Witterung geschützt sind.»

Hitzestress beim Schwein
Schweine können nicht schwitzen. Ihre Möglichkeiten zur Abkühlung:
- hecheln oder
- die Wärme über die Haut an die kühle Umgebung abgeben.

Über die Lunge findet durch das Hecheln 70 % der Thermoregulation statt. Weitere rund 10–15 % regelt das Schwein über die Haut. Deshalb suchen die Tiere bei Hitze vermehrt kühle Liegeflächen auf.

Die thermale Wohlfühlzone des Schweins sei gewichtsabhängig und liege beim Mastschwein zwischen 18 und 22 Grad und einer relativen Luftfeuchtigkeit zwischen 50 und 80 Prozent. Das erklärte Tierarzt Alois Estermann in «die grüne».

Nebst der Wärme ist die Luftfeuchtigkeit zentral. Ist diese nämlich zu tief, trocknen die Atemwege aus. Ist die Feuchtigkeit hingegen zu hoch, kann das Schwein keine Wärme mehr abgeben.

Den ausführlichen Artikel über Hitzestress beim Schwein finden Sie im untenstehenden Artikel.

«Die Schweine beissen sich nicht mehr in den Schwanz»

AboEin gutes Stallklima mit einer effektiven Hitzebekämpfung kostet den Schweinehalter Geld. Aber die Investition zahlt sich aus. Denn Infektionskrankheiten wie Rotlauf und Verhaltensstörungen wie Schwanzbeissen führen zu hohen Verlusten. (Bild Verena Stürzer)TierhaltungSchweineställe im Sommer optimierenDienstag, 10. August 2021 Die Investitionen haben sich definitiv ausgezahlt, so der Landwirt: «Die Tiere sind weniger gestresst.» Das bestätigt sich vor Ort im Stall, wo die Sauen, Ferkel und Jager ruhig und entspannt schlafen, fressen oder saugen – wobei letzteres natürlicherweise weniger ruhig abläuft. 

Bernhard Steiger ergänzt: «Die Schweine beissen sich nicht mehr in den Schwanz, sie sind gesünder und die Ferkel wachsen gut.» Die abgesetzten Ferkel musste er im neuen Stall beispielsweise noch nie mit Antibiotika behandeln.

Das Stallklima ist sicherlich nicht der einzige Faktor, der zur guten Tiergesundheit beiträgt. Fütterung, Stallhygiene und Management müssen ebenso stimmen. Aber die Lüftung habe entscheidend mitgeholfen, sagt Bernhard Steiger zufrieden.