Kurz & bündig

- Drei Familien halten ihre Milchkühe gemeinsam in einer Betriebszweiggemeinschaft.
- Jede Partei hat ihren Aufgabenbereich. Rüeggs melken die Kühe, Sudlers schauen zum Jungvieh und Schmids helfen überall aus.
- Diskutiert wird wenig, die Landwirte sind sich meist einig.
- Seit der Gründung im Jahr 2002 hat sich einiges geändert. Aktuell steht die Hofübergabe bei der Familie Rüegg an.

Hügel und Wald versperren in Bauma ZH die Sicht auf den Nachbarn. «Das ist gut so. Mit dieser natürlichen Schranke dazwischen lassen wir uns gegenseitig genügend Freiraum», sagt Ruedi Rüegg.

Rüeggs Hof liegt auf der einen Seite des Hügels, Sudlers Hof auf der anderen und Schmids Betrieb an einem dritten Standort. Zusammen führen die drei Familien eine ÖLN- und Betriebszweiggemeinschaft, in der sie die Kühe gemeinsam halten.

DossierJahresthema 2021«Hand in Hand» – die Serie zum Thema ZusammenarbeitMittwoch, 27. Januar 2021 Damit die Zusammenarbeit klappt, ist es wichtig, einander nicht gegenseitig zu kontrollieren – und stattdessen den anderen zu vertrauen. Da sind sich alle Beteiligten einig. Da kommt der Hügel zwischen den Betrieben gelegen.

Weniger Diskussion, vielmehr Koordination

Wenn sich die Landwirte nicht jeden Tag sehen, ist die Kommunikation wichtig. «Daran können wir sicher noch arbeiten», meint Peter Sudler. Die anderen schmunzeln und stimmen ihm zu.

Andererseits scheinen sich viele Diskussionen zu erübrigen, weil sich die Parteien einig sind: «Wir beobachten alle das Wetter und kommen meist zu ähnlichen Schlüssen – auch wenn vielleicht der eine noch einen Tag länger gewartet hätte mit Mähen», erklärt Sudler.

Die Herausforderung besteht also nicht unbedingt in der Diskussion, sondern vielmehr in der Koordination der Feldarbeiten und Maschineneinsätze. Denn nebst der Tierhaltung bewirtschaften die drei Betriebe auch die Felder gemeinsam.

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Betriebsspiegel der Tierhalter-Gemeinschaft
Bauma ZH, Bergzone 1

Tierbestand: 60 Milchkühe, 45 Aufzuchttiere, eigene Mastkälber (keine gekauft)
Arbeitskräfte: Familien Rüegg, Sudler und Schmid

Ein grosser Teil der Fläche nehmen die Naturwiesen sowie Flächen ein, die unter kantonalem Naturschutz stehen. Die teils steilen Hänge der Bergzone 1 zu mähen, gibt ordentlich zu tun. «Ein grosser Vorteil unser Gemeinschaft ist, dass wir Jüngeren die Älteren bei solch anstrengenden Arbeiten entlasten können», sagt Christian Rüegg. Ausserdem weiden die Aufzuchttiere auf einigen der steilen Hängen. Auf den flachen Feldern wachsen etwas Mais und Kunstwiese und die Kühe grasen rund um den Stall.

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Jede Partei der Betriebszweiggemeinschaft hat eigene Kühe

Der Schwerpunkt der gemeinsamen Bewirtschaftung liegt klar auf den Milchkühen. Rund 60 Stück Braunvieh stehen bei Rüeggs im Laufstall. Vater Ruedi Rüegg melkt die Tiere. Unterstützt wird er dabei von seinen beiden Söhnen Christian und Andreas.

Betriebsspiegel der Familie Rüegg
Andreas, Christian, Elsbeth und Ruedi Rüegg, Bauma ZH

LN: 34 ha
Kulturen: Naturwiese, Weide, Mais, Kunstwiese, Biodiversitätsförder-flächen (BFF), Wald
Arbeitskräfte: Andreas, Christian, Elsbeth und Ruedi leisten 240 Arbeitsprozent.

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Die beiden anderen Betriebsleiter, Markus Schmid und Peter Sudler, zahlen eine Entschädigung für den Platz und den Arbeitsaufwand. Alle drei Parteien besitzen ihre eigenen Kühe und produzieren auf der eigenen Fläche genügend Futter für ihre Tiere.

Die gesamte Rechnung wird getrennt geführt: Die Kosten sowie die Erträge werden anteilsmässig durch drei geteilt.

Das Jungvieh und die Galtkühe stehen bei Peter Sudler im Stall. Er kümmert sich um die Aufzucht. Zusätzlich lösen er, Markus Schmid und dessen Frau Anita Rüeggs jeden zweiten Sonntag beim Melkdienst ab. Sudler stellt den anderen ebenfalls eine Rechnung für den Stall und die Arbeit mit dem Vieh.

Ziel sind Langlebigkeit und gesunde Euter

Die Hauptverantwortung für die Tiere trägt jeweils der, in dessen Stall sie stehen. Zur Aufzucht schauen Sudlers, bei den Milchkühen sind Rüeggs zuständig. Sudlers rufen den Tierarzt, wenn es ihn braucht. Rüeggs lassen den Besamungstechniker kommen, wenn sie sehen, dass eine Kuh brünstig ist.

Betriebsspiegel der Familie Sudler
Peter, Ursula und Peter Senior, Bauma ZH

LN: 40,5 ha
Kulturen: Naturwiese, Mais, Kunstwiese, Biodiversitätsförderflächen (BFF), Wald
Weitere Betriebszweige: Forstarbeiten
Arbeitskräfte: Peter, Peter Senior (50 %), Ursula (70 %) Sudler.

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«Natürlich informieren wir die anderen über solche Ereignisse», erklärt Ruedi Rüegg. Ausserdem nehmen alle an der groben Planung teil. Gemeinsam legen sie die Zuchtstrategie fest.

Aktuell liegt ein Schwerpunkt in der Selektion auf der Langlebigkeit der Tiere. Damit seien sie noch nicht ganz zufrieden, sagt Ruedi Rüegg: «Wir hatten auch schon Kühe, die 100 000 Kilogramm Milch gaben. Aber von solchen Tieren möchten wir mehr heranziehen. Aktuell gehen noch zu viele Kühe in der ersten Laktation ab.»

In das alltägliche Handling der Kühe mischen sich Schmid und Sudler nicht gross ein. Der Paarungsplan ist allen bekannt: «Wir könnten also intervenieren, wenn wir finden, Ruedi suche einen unpassenden Stier heraus», sagt Peter Sudler.

Mit den Kühen ist es aber ähnlich wie mit dem Mähen: Die Familien vertrauen sich und wissen, dass die anderen so handeln, wie sie selbst es getan hätten. So funktionieren die Organisation und Kommunikation unkompliziert und pragmatisch. In all den Jahren sei es zu keiner grossen Auseinandersetzung gekommen, sind sich die Betriebsleiter einig.

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Seit fast 20 Jahren drei Betriebe gemeinsam bewirtschaften

Die Tierhaltergemeinschaft in Bauma besteht schon lange. Bereits 2002 kam Peter Sudler Senior mit einem entsprechenden Zeitungsausschnitt zu Ruedi Rüegg und meinte, solch eine Gemeinschaft wäre doch etwas für sie beide.

Rüegg hatte kurz zuvor gebaut und überlegte sich gut, ob er sich eine Partnerschaft vorstellen könnte. Er entschied sich schliesslich dafür, aus finanziellen Gründen und wegen der Entlastung durch die geteilte Verantwortung. Der neu gebaute Stall konnte, nach kleineren Anpassungen, für die Kühe beider Betriebe genutzt werden. «Die Gemeinschaft war eine gute Entscheidung. Wir haben mehr Freizeit, es ist motivierender, gemeinsam zu arbeiten und schliesslich macht uns die gemeinsame Arbeit auch etwas weniger betriebsblind», sagt Ruedi Rüegg.

Der Vorteil einer Betriebszweiggemeinschaft gegenüber einer kompletten Betriebsgemeinschaft sehen die Familien in der Freiheit, die ihnen neben der Tierhaltung bleibt. «Jeder kann zusätzlich andere Betriebszweige aufziehen und das machen, was er gerne und gut kann», erklären die Landwirte.

Andreas Rüegg, gelernter Landwirt und Agronom FH, arbeitete beispielsweise bis vor Kurzem am Strickhof in Lindau ZH. Sein Bruder Christian wartet die Landmaschinen selbst. «Für mich ist die Arbeit in der Werkstatt ein willkommener Ausgleich», erklärt der gelernte Lastwagenmechaniker und Landwirt. Christian Rüegg hat ausserdem über die Jahre die Legehennenhaltung ausgebaut. «Mittlerweile hat sich das zu einem interessanten Betriebszweig entwickelt», sagt er zufrieden.

Peter Sudler hat ebenfalls eine Zweitlehre absolviert. Die Ausbildung zum Zimmermann nutzt er heute, um zeitweise in einer Zimmerei zu arbeiten.

Entlastung und mehr Zeit für die Selbstversorgung

Seit dem Anfang hat sich in der Tierhaltergemeinschaft einiges geändert. 2019 übernahm Peter Sudler den Hof von seinem Vater Peter Senior. Im gleichen Jahr musste Markus Schmid, der seinen Betrieb ebenfalls in Bauma führt, aus gesundheitlichen Gründen all seine Kühe verkaufen. Er stand praktisch kurz vor der Zwangspensionierung.

Betriebsspiegel der Familie Schmid
Anita und Markus Schmid, Bauma ZH

LN: 16,5 ha
Kulturen: Naturwiese, Bio-diversitätsförderflächen (BFF), Wald
Arbeitskräfte: Anita und Markus Schmid

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«Der leere Stall tat besonders weh», erinnert sich Schmid heute. Umso mehr freute er sich, als Rüeggs und Sudlers anfragten, ob er Teil der ÖLN- und Tierhaltergemeinschaft werden möchte. Er sagte zu und ist seit 2020 der dritte Partnerbetrieb.

Markus Schmid kann nun bis zur Pensionierung arbeiten. Er wird durch Rüeggs und Sudlers entlastet, so dass er sich etwas schonen kann. «Ich geniesse es, nun mehr Zeit für unseren Pflanzblätz zu haben. Meiner Frau Anita und mir ist die Selbstversorgung ein grosses Anliegen», erzählt Schmid.

Nun, da die beiden nicht mehr steile Hänge mähen und Kühe melken müssen, haben sie mehr Zeit für ihren grossen Garten, die Obstbäume und ihre beiden Schweine. Ausserdem geniesst Markus Schmid die sonntäglichen Melkdienste: «Denn die Kühe vermisse ich schon», gesteht er.

Die nächste Generation führt die Gemeinschaft weiter

Der Zusammenschluss mit dem dritten Betrieb hilft nicht nur Schmids. Finanziell lohnt es sich für alle Beteiligten, sagen die Landwirte.

Es können Maschinen, Arbeitskräfte und Land effizienter genutzt werden, was am Ende für jeden mehr Gewinn ergibt: «In der Gemeinschaft stehen wir finanziell alle besser da, verglichen zu vorher», sagt Ruedi Rüegg.

Da bei Schmids niemand die Nachfolge des Betriebs übernehmen wird, wird das Land nach der Pensionierung von Markus Schmid an Rüeggs gehen. So kann die Tierhaltergemeinschaft die heutige Grösse und Anzahl Tiere beibehalten.

Ein weiterer Wechsel steht Ende dieses Jahres an. Bei Rüeggs übernehmen die Brüder Christian und Andreas gemeinsam die Betriebsleitung von Vater Ruedi.

«Als neue Betriebsleiter müssen wir uns im Team sicher zuerst etwas einspielen», sagt Andreas Rüegg. Und Christian Rüegg ergänzt: «Die Arbeitsteilung ist besprochen, jetzt werden wir sie noch erproben müssen.»

Die Gemeinschaft der Landwirte aus Bauma geht also mit der nächsten Generation weiter, auf der einen und auf der anderen Seite des Hügels.