Kurz & bündig
- Die Kühe von Peter Steffen stehen in einem neu gebauten, kalten Anbindestall. Die tiefen Temperaturen machen den Kühen nichts aus – im Gegenteil.
- Auch der Landwirt fühlt sich im Neubau wohl: Die Arbeit kann effizienter erledigt werden.

Ein heller und luftiger Stall, in dem die Kühe gemächlich wiederkäuen. Die Temperaturen um den Gefrierpunkt stören sie dabei nicht – im Gegenteil. «Warme Ställe sind vielleicht für den Melker praktisch. Aber die Kühe mögen es lieber kalt», sagt Peter Steffen (57) und schmunzelt.

Der Landwirt aus Ortschwaben BE steht in seinem modernen Anbindestall. «Früher waren die Anbindeställe isoliert und gut verschlossen. Ist man im Winter hereingekommen, schlug einem feucht-warme Luft entgegen und man wurde aufgefordert, das Tor sofort wieder zu schliessen», erinnert sich Steffen.

Ganz anders in diesem Anbindestall: Er ist nicht isoliert und hat eine hohe Decke, unter die auch der Heuraum passt. Die Wand auf der Südseite des Stalls besteht aus Windschutznetzen, die sich automatisch senken, wenn der Fühler zu hohe Windgeschwindigkeiten misst. «Das ist wichtig, damit uns der Wind nicht unter das Dach fährt und es weg hebt», sagt Steffen.

Frische Einstreu und kurzes Fell für trockene Kühe

An diesem sonnigen, kalten Wintertag sind die Netze halb geöffnet. An der Stirnseite, gegen Westen hin, sind die Tore jedoch geschlossen. Im Stall ist es etwa so kalt wie draussen. Dieser Anbindestall ist genauso wenig ein Warmstall, wie es Laufställe sind.

Ein Lüftchen ist im Stall willkommen. So kommt frische Luft zu den Kühen und die Luftqualität bleibt hoch. «Durchzug macht den Kühen auch im Winter nichts aus. Solange sie schön trocken liegen und nicht schwitzen, ist das kein Problem», erklärt der Landwirt.

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«Warme Ställe sind vielleicht für den Melker praktisch.»

Landwirt Peter Steffen

Da sich die Kühe nicht von ihrem Platz wegbewegen können, achtet Steffen darauf, dass im Stall optimale Bedingungen herrschen. Entsprechend streut er im Winter jeden Tag frisches Stroh ein, vermischt mit Kalk. Und im Herbst schert er den Kühen das Fell, damit sie im Stall weniger schwitzen. Für eine regulierte Luftfeuchtigkeit sorgt unter anderem auch das Holz, das im Stall verbaut ist und das über die Zeit Feuchtigkeit aufnimmt und auch wieder abgibt.

Milchleistung und tiefe Tierarztkosten sprechen für gesunde Tiere

Das Stallklima scheint den Kühen zuzusagen: «Sie sind gesund, was ich unter anderem an den tiefen Tierarztkosten sehe», erklärt Steffen zufrieden. Auch die Milchleistung – der Stalldurchschnitt liegt bei 8500 bis 9000 kg Milch – spricht für gesunde und vitale Kühe.

Alle zwei Tage lässt Steffen die Kühe in den Winterauslauf. Das ist ein unbefestigter Platz auf der Westseite, gleich angrenzend an den Stall. Zuerst ist jeweils das eine Läger an der Reihe, dann das andere. Mit einem Hebel kann Steffen das ganze Läger aufs Mal losbinden. «Aber anschliessend muss ich die Kühe hinausjagen und hinter ihnen den Stall schliessen, sonst würden sie gleich wieder hinein trotten», sagt Steffen und lacht.

Betriebsspiegel der Familie Steffen
Peter und Marianne Steffen, Ortschwaben BE

LN: 37 ha
Kulturen: Silomais, Raps, Kunst- und Naturwiese
Tierbestand: 52 Milchkühe, Aufzuchttiere (rund 100 Stück), 25 Mutterschafe
Weitere Betriebszweige: Hofladen
Arbeitskräfte: Peter und Marianne Steffen, Sohn Daniel als Aushilfe

Fast keine Klauenprobleme und Ruhe in der Herde

Im November 2020 sind die Kühe in den neuen Stall eingezogen, nach einem halben Jahr Bauarbeiten. «Wir haben viel Eigenleistung erbracht. Den Beton haben wir selbst armiert und die Anbinderei haben wir ebenfalls selbst installiert», erzählt Peter Steffen.

Es sind immer zwei Kühe nebeneinander angebunden und dann durch ein Gitter vom nächsten Kuhpaar getrennt. Am Kopfende des Liegeplatzes grenzt ein Bugholz gegen den Futtertisch hin ab. Über den Widerristen der Kühe sind mechanische Viehtrainer installiert. Wenn die Kühe koten oder harnen wollen und einen Buckel machen, geniert sie der Bügel auf ihrem Rücken. Sie machen einen Schritt zurück, wodurch ihr Geschäft im Schwemmkanal landet.

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2020 waren schweizweit noch rund 305 000 Kuhplätze in Anbindeställen. Das entsprach damals einem Anteil von 35 Prozent aller Kuhplätze. Ein neu gebauter Anbindestall ist im Flachland aber eher selten, die Laufställe sind verbreiteter.

«Wir – meine Frau, unser Sohn, der einmal den Hof übernehmen wird, und ich – haben uns aus Überzeugung für den Anbindestall entschieden. Wir lassen die Kühe im Sommer jeden Tag auf die Weide und im Winter in den Auslauf. Im Stall stehen sie dann auf weichem Stroh statt ein Leben lang auf hartem Beton», erklärt Steffen. Das zahle sich aus: Seine Kühe hätten fast keine Klauenprobleme.

«Ausserdem habe ich so Ruhe im Stall.» In der gemischten Herde – Holstein, Red Holstein und Swiss Fleckvieh – tragen einige Kühe Hörner. «Im Laufstall würde die Gefahr bestehen, dass sie sich gegenseitig verletzten», erklärt Steffen weiter. Statt im Stall werde die Rangordnung auf der Weide geklärt. Dort hat es genügend Platz, damit auch rangniedrigere Tiere ausweichen können.

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Die Aufzucht ist im alten Stall untergebracht

Mit dem Neubau seien sie sehr zufrieden, sagt Peter Steffen: «Wir konnten von 35 auf 52 Kühe aufstocken. Gleichzeitig ist die Stallarbeit effizienter geworden.» Innerhalb einer Stunde könne er alleine die Kühe melken. Das bewältigt Steffen mit sechs Melkaggregaten an der Absauganlage, welche über Selbstabnahme verfügen. Auch die Fütterung ist schneller erledigt: Mit dem Mischwagen legt der Landwirt den Kühen eine Mischung aus Grassilage, Heu und Emd sowie Maissilage auf den Futtertisch.

[IMG 5] Früher, im alten Anbindestall seien die Kühe auf vier Lägern gestanden, erklärt Steffen. Sie mussten an vier Futterachsen gefüttert werden, indem das Futter über den hohen Krippenrand gegabelt wurde. Heute ist im alten Stall die Aufzucht untergebracht. Auch hier ist das Tor auf der einen Seite offen. Es ist entsprechend kalt, aber es herrscht kein Durchzug.

Eines der Läger ist unverändert. Dort stehen die Rinder. Bei den beiden Lägern in der Mitte entfernten Steffens die Anbindevorrichtung und stellten Gitter quer zur Futterachse hinein. So entstanden drei Abteile für verschiedene Kälbergruppen, die alle aus der gleichen Krippe fressen. Dahinter kommt ein Tiefstreuläger, dessen Strohmatratze Steffen im Winter zwei Mal herausnimmt und neu einstreut. Ganz hinten an der Wand, auf dem ehemaligen vierten Läger, ist ebenfalls tief eingestreut. Dort werden die Kälber gehalten, die noch am Automat Milch trinken.

«Wir ziehen alle unsere Kälber auf. Wir mästen etliche aus. Die einen Kuhkälber behalten wir für die eigene Herde. Gut die Hälfte der Kuhkälber verkaufen wir allerdings als Rinder», erzählt Peter Steffen. Mit der Aufzucht können Steffens auch die alten Stallgebäude auslasten.